Auf 120.000 bis 160.000 Euro wurde die gestohlene "Bretonische Küstenlandschaft" geschätzt.

Foto: Roberto Gobbo

Wien – In Heist-Filmen wie Ocean's Eleven sind Diebe meist gutaussehende Menschen, die mit treffsicheren Sprüchen glänzen. Vadym G., der sich vor dem Schöffensenat unter Vorsitz von Mario Bandarra wegen der Beteiligung am Diebstahl eines Renoir-Bildes aus dem Wiener Dorotheum verantworten muss, ist dagegen eher kein George-Clooney-Typ. Weder optisch noch rhetorisch.

Der 60-jährige Ukrainer bestreitet vehement und ausschweifend, etwas mit dem Diebstahl zu tun zu haben. Wie manch heimische Politiker versucht er zu belegen, dass er ein Opfer sei. In einer zwölfseitigen Stellungnahme zur Anklageschrift schrieb er von der "krankhaften Lüge eines Anklägers" , was taktisch insofern unklug ist, als Vorsitzender Bandarra bis vor kurzem noch selbst Staatsanwalt gewesen ist.

G. beschuldigt aber auch die Polizei, falsch protokolliert zu haben, und die ukrainischen Behörden, dass sie seinen angeblichen Freispruch von einem Kunstdiebstahl in einem Museum in Odessa nicht ausfertigen würden.

Interesse an Auktion und Frauen

Am 23. November sei er jedenfalls aus zwei Gründen nach Wien gekommen, berichtet der Angeklagte. "Es gab eine Auktion, die mich interessiert hat. Und am 25. habe ich mich mit einer Frau getroffen." Bei der Polizei hatte er noch angegeben, dass dem weiblichen Geschlecht sein alleiniges Interesse gegolten habe – er habe auswandern wollen und gehofft, eine künftige Gattin kennenzulernen.

Dass er gemeinsam mit zwei Landsleuten in einer Unterkunft logierte, habe einen einfachen Grund: Der zweite Mann wollte ebenso eine Frau treffen, und der dritte beschäftige sich hobbymäßig mit der Vermittlung von Frauen,

Am Tattag, dem 26. November, sei er mit den Bekannten zunächst Schuhe kaufen gewesen. Beim Spaziergang durch die Innenstadt hätten die beiden beschlossen, ins Dorotheum zu gehen. "Ich hatte eine Vorahnung, dass etwas Schlimmes passieren wird." Die Ahnung sollte sich bestätigen: Einer der Täter hob im zweiten Stock des Auktionshauses den Rahmen der 27 mal 40 Zentimeter großen Bretonischen Küstenlandschaft an, das Werk rutschte heraus und wurde in der Einkaufstasche abtransportiert.

Ähnlichkeit mit Person auf Überwachungsvideos

G. sagt, er habe nicht gewusst, was los sei. Anzeigen wollte er die Landsleute aber nicht – "die Polizei zu rufen widerspricht meinen moralischen Prinzipien". Dass die Telefonauswertung zeigt, dass er bis zu seiner Festnahme in Amsterdam mit dem Duo in Kontakt blieb, hat laut G. auch nichts zu bedeuten. Ebenso wenig, dass er auf Überwachungsvideos von den Schauplätzen zweier Kunstdiebstähle in Frankreich eine Person erkennt, "die mir ähnlich sieht".

Wegen schweren Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung wird der Antiquitätenhändler nicht rechtskräftig zu zwei Jahren Haft, acht Monate davon unbedingt, verurteilt. Das Gemälde bleibt verschwunden. (Michael Möseneder, 12.9.2019)