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Immer wieder steht die Zivilgesellschaft gegen die Zustände in Montenegro auf die Straße.

Foto: REUTERS/Stevo Vasiljevic

Mit dem Erstarken autoritärer und illiberaler Politik auf dem Balkan wird auch die Medienfreiheit zunehmend eingeschränkt. In fast allen Staaten wird der Druck auf unabhängige Journalisten größer, und viele Parteien missbrauchen Medien für ihre Propaganda. Die EU-Kommission veranstaltet deshalb seit zwei Jahren aufgrund einer Initiative von Johannes Hahn Medientage für die Westbalkanstaaten, bei denen Gegenstrategien erarbeitet werden soll.

Heuer finden diese in der montenegrinischen Hauptstadt Podgorica statt. Am Donnerstag wurde etwa vorgeschlagen, dass die EU-Kommission auch auf einzelne Fälle von Verstößen gegen die Medienfreiheit reagieren solle, um mehr Druck auf die Regierungen und Parteien auszuüben. In Nordmazedonien hat es sich bewährt, dass jene Medien, die professionell arbeiten, klar deklariert werden, damit Unternehmer ihr Geld dorthin lenken und nicht in die Propagandaformate, die keinen Journalismus machen.

Sprachunterricht für Journalisten

Eine Idee ist auch, Entscheidungen des Presserats zu verwenden, um auch vor Gericht Prozesse gegen Hasssprache zu initiieren. Aus dem Kosovo kam die Idee, Sprachunterricht für Journalisten zu sponsern, damit diese sowohl Serbisch als auch Albanisch sprechen können. Die Medienfreiheit ist zurzeit sehr stark in Serbien gefährdet, aber auch in Albanien.

Die EU hat kürzlich kritisiert, dass die Regierung in Tirana "Desinformation" auf Onlineplattformen regulieren will. Es soll ein Beschwerderat eingeführt werden, der die Medien dazu zwingen soll, auch Inhalte von den Plattformen zu entfernen. In Brüssel empfiehlt man statt solchen Gesetzen Selbstregulierungsmechanismen – ansonsten würde die Meinungsfreiheit bedroht.

Onlinemedien disziplinieren

Premier Edi Rama hatte im Zusammenhang mit dem Gesetz sogar davon gesprochen, die Onlinemedien zu "disziplinieren". In Albanien wurden zudem vor kurzem zwei TV-Shows, in denen Kritik an Premier Rama geübt wurde, aus dem Programm genommen. Der Moderator Ylli Rakipi sagte, dies sei aufgrund des Drucks des Regierungschefs geschehen. Rama ist für seine abwertende Beurteilung von Journalisten und Medien bekannt – er nennt sie mitunter Müll.

In Podgorica war am Donnerstag die Nominierung von László Trócsányi zum Kommissar für Erweiterung aber das Hauptthema, weil dieser für das Gegenteil dessen steht, was die EU auf dem Balkan erreichen will: mehr Rechtsstaatlichkeit, eine offenere und transparentere Gesellschaft und Regierungsführung und mehr Medienfreiheit. "Ungarn ist kein Modell für den Balkan", so der Common Sense bei den Medientagen in Podgorica. Trócsányi wurde offenbar vom französischen Präsidenten Emanuel Macron für diesen Job vorgeschlagen, denn Macron möchte die Erweiterung komplett stoppen.

Trócsányi als Garant gegen Erweiterung

Macrons Plan ist offenbar folgender: Mit der Ernennung von Trócsányi soll einer zum Zug kommen, der extrem erweiterungsfreundlich ist, aber gleichzeitig gegen die zentralen europäischen Werte wie Rechtsstaatlichkeit und Transparenz steht. Damit soll in der gesamten EU ein negatives Klima für das Erweiterungsthema erzeugt werden und die Erweiterungsskeptiker Oberwasser bekommen.

Viele Analysten und Beobachter hoffen nun, dass das EU-Parlament gegen Trócsányi stimmen wird. Aber das ist keineswegs sicher. Unklar ist auch, ob Ungarn nach einer möglichen Absage an Trócsányi trotzdem das Erweiterungsportfolio bekommen soll. Vieles hängt in diesem Zusammenhang vom ungarischen Premier Viktor Orbán ab.

Außenbeauftragter oder Kommissar

Unklar ist auch, wer in Zukunft den Dialog zwischen Serbien und Kosovo führen soll. Wenn es so bleibt wie bisher, sollte der künftige Außenbeauftragte Josep Borrell dafür zuständig sein. Aber es gibt auch Überlegungen, dass der Job in Zukunft von einem EU-Kommissar durchgeführt werden könnte. In der Kommission will man jedenfalls kommendes Jahr ein rechtlich verbindliches Abkommen zwischen Serbien und dem Kosovo abschließen. (Adelheid Wölfl aus Podgorica, 13.9.2019)