Für viele junge Männer bedeutet der Zivildienst erste Erfahrungen im Berufsleben. Während die einen froh sind, wenn die neun Monate "Zuvieldienst" vorüber sind, machen andere Erfahrungen, die sie vermutlich sonst nicht gemacht hätten – nicht zuletzt im Sozialbereich, für den sonst eine unsichtbare Zutrittsschwelle für Männer zu existieren scheint.

So war es auch beim europäischen Freiwilligendienst. Lange waren Männer dort in der Unterzahl – bis man sich den Auslandsaufenthalt als Zivildienstersatz anrechnen lassen konnte. Ab dann nahmen auch mehr junge Männer teil. Doch Zivildiener, die sich dafür interessieren, stehen plötzlich vor einem Problem: Weil der Freiwilligendienst auf EU-Ebene Teil einer neuen Verordnung wurde und einen neuen Namen bekam, werden entsprechende Anträge vom Innenministerium nicht mehr genehmigt. Sie müssen also vielleicht nach ihrer Rückkehr noch einmal Zivildienst leisten. Dabei blieb das Programm inhaltlich und qualitativ gleich.

Für viele junge Männer bedeutet der Zivildienst erste Erfahrungen im Berufsleben.
Foto: imago/Birgit Koch

Es ist völlig unverständlich, warum man die jungen Männer, die nun teils trotz der unklaren Lage ins Ausland gegangen sind, so in der Luft hängen lässt – und sie gleichzeitig anders behandelt als ihre Kollegen, die vor wenigen Monaten zu ihrem Einsatz aufgebrochen sind. Es wäre nicht nur geboten, das Gesetz im Sinne der neuen Verordnung rasch zu novellieren, sondern auch bis dahin eine Übergangslösung zu schaffen, die das Problem beseitigt.

Denn hier dreht man eindeutig an der falschen Schraube: Den Zivildiener- bzw. Arbeitskräftemangel im Sozialbereich wird man sicher nicht lösen, indem man einer überschaubaren Menge an jungen Männern verwehrt, einen Dienst an der Gemeinschaft im europäischen Ausland zu absolvieren. Dafür müsste man vielmehr angemessene, also höhere Löhne bezahlen. (Vanessa Gaigg, 12.9.2019)