Wieder eine Umfrage unter Freunden gemacht, diesmal zum Thema Schlaf. Guter Schlaf hat ja Stress als Indikator für ein erfolgreiches Lebens abgelöst, einerseits zum Glück, andererseits macht das Stress. Wer Schlafprobleme hat, liegt falsch, lebt falsch. Die Fachliteratur vermittelt, dass man sich nur ein bisschen anstrengen müsse, dann klappe das auch mit dem Schlaf und man werde ein gelassenerer, besserer Mensch. Der Expertenrat, zusammengefasst: vor dem Schlafengehen auf elektronische Geräte zu verzichten, nicht essen, kein Alkohol, keine Arbeit, keine Aufregung.

Wer Schlafprobleme hat, liegt falsch, lebt falsch.
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Das erfordert einen geregelten Tagesablauf und Disziplin, die moderne Menschen nach anstrengenden Erwerbs- und Familientagen abends leider oft schon aufgebraucht haben.

Tiefschlaf dank "Columbo"

Das spiegelt sich auch in meiner Privatumfrage, was denn beim Ein-, Durch- und Wiedereinschlafen helfe. Also. Fernsehen: Columbo,Rosenheim Cops, Kommissar Beck und Inspector Barnaby; TV-Krimis, in denen wenig viel geredet und herumgeballert und autoverfolgt wird. Sex: mit Partner oder DIY. Lesen: von Literatur über Fachbücher bis zur Relationships-Rubrik von Reddit.

Hören: Ö1 oder Hörbücher, ASRM (Autonomous Sensory Meridian Response, was mich die Wände hochtreibt) oder Deep-Sleep-Audio-Podcasts. Substanzzufuhr: Alkohol (Bier, Wein, Prosecco, Schnaps) hilft vielen, während andere, wie auch die meisten Therapeuten, entschieden abraten. Gleiches gilt für Benzos. Auch beliebt: THC in verschiedenen Formen, Baldrian und Schlafunterstützer wie Trittico.

Schlaflosigkeit ist normal, man solle sich lieber vom Zwang befreien, immer durchschlafen können zu müssen, meint der Internist.
Foto: Frank Robert

Manchen helfen Atemtechniken, etwa das 4-7-8-Atmen: Vier Sekunden einatmen, sieben Sekunden Pause, acht Sekunden ausatmen. Eine schläft ein, wenn sie Scrabble gegen den Computer spielt. Eine putzt die Wohnung, bis sie umfällt. Einer denkt an mögliche Affären, eine an aufgeräumte Schubladen. Eine zählt von 10.000 rückwärts. Eine macht Pläne für den Lottogewinn. Auch genannt: viel Sport, viel Arbeit und schlafraubende Kleinkinder. Einer empfiehlt ein Buch (Schlaft doch, wie ihr wollt von Stephanie Grimm) und merkt daraus an, dass Durchschlafen eine Erfindung der industriellen Revolution sei.

Kein Zwang!

Ähnliches sagte mir ein Internist: Schlaflosigkeit sei normal, man solle sich lieber vom Zwang befreien, immer durchschlafen können zu müssen, und einer hilft genau dieser Gedanke: Hey, alles ist ruhig, Zeit zum Nachdenken; das Schlimmste sei, sich über das Nichtschlafen aufzuregen. Wenn allerdings nichts mehr hilft, wenn anhaltende Schlaflosigkeit den Alltag kontaminiert, ist es ratsam, sich ärztliche Schlafhilfe zu holen. Ausgeschlafen lösen sich Probleme leichter, ist Stress jeder Art besser bewältigbar.

Die überraschendste Antwort bekam ich übrigens von einer Freundin, die am besten in den Schlaf findet, wenn sie am Kopfhörer sehrsehr laut sehrsehr harte Musik hört, Heavy Metal oder Bruckner. Whatever works. (Doris Knecht, 16.9.2019)

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