Ein Klick und ein Wisch – schon ist das Problem vom Tisch. Was in der Theorie einfach klingt, überfordert in der Praxis viele Firmen.

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Linz – Das Leben ist zwar nicht immer ein Fest, doch so manches Fest verändert das Leben. So geschehen bei zwei jungen Linzern. Auf einer Party treffen an einem lauen Spätsommerabend des Vorjahrs Lukas Greul und Valentin Koch zufällig auf einander. Die beiden 23-Jährigen eint das Interesse an den Weiten der digitalen Welt und vor allem der Wunsch nach mehr Selbstständigkeit im Berufsalltag.

Und nicht immer müssen flüchtige Party-Bekanntschaften in einem peinlichen Schweigen am nächsten Morgen enden. Rund ein Jahr später führen Greul und Koch eine ernsthafte Geschäftsbeziehung. Gegründet haben die Beiden die Digitalschmiede spectory. Begonnen wurde mit zwei Handys und zwei Laptops. Mittlerweile hat man in der Linzer Innenstadt eine große Altbauwohnung zum "Headquarter" erklärt. Zwei weitere Festangestellte und 16 freie Mitarbeiter sind dort miteingezogen.

Flexibilität

Gemeinsam sieht man sich als "Digitalisierungsagentur". Mit einem klaren Versprechen. "Unser Ziel ist es, Unternehmen auf dem Weg ins digitale Zeitalter zu begleiten", erläutert Koch im Gespräch mit dem STANDARD. Gelingen soll dies mit einem breiten Angebot. Koch: "Wir bieten die Entwicklung von Apps, Webportalen, die Organisation von papierlosen Büros, sehen uns aber auch Full-Service-Agentur für Unternehmen – vom Logo bis zum Werbeplakat."

So weit, so bekannt – doch den Einwand, damit einer von vielen Digitalanbietern zu sein, lassen die Linzer Cyberburschen nicht gelten. Greul: "Einerseits sind wir natürlich als kleines Team extrem flexibel, andererseits versuchen wir stets unsere Ideen im Alltag zu finden." Was heißt, dass man zunächst einmal gezielt nach einem "Alltagsproblem" sucht. Koch: "Es lässt sich gut am Beispiel einer Wohnungsgenossenschaft festmachen. Besichtigungstermine sind für potenzielle Mieter heute mitunter mühsam zu vereinbaren. Von den Unmengen an Papierkram bis hin zur Schlüsselübergabe fallen da unzählige Schritte an. Wir haben das alles in einer App zusammengefasst."

Überraschungsmoment

Spannend dabei ist, dass man nach dem Erkennen des Problems nicht gleich den möglichen Kunden kontaktiert, sondern vorher an einem passenden Lösungsansatz bastelt. Koch: "Erst dann werden wir beim Kunden vorstellig. Und die sind oft überrascht, denn gerade in großen Unternehmen fehlt oft das Bewusstsein für kleine Probleme, deren Lösung aber dann vieles vereinfacht." Das Konzept scheint zu funktionieren: Zum einjährigen Geburtstag weist die Bilanz einen Umsatz von rund 300.000 Euro aus.

Grobe Bedenken, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, hatten die beiden Jungunternehmer nicht: "Wir waren damals von unserer Dienstleistung überzeugt und sind es heute noch. Und der Erfolg gibt uns letztlich ja recht." Ob man ein besonderer Typ sein muss, um in so jungen Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen? Greul: "Nein. Man muss sich nur von dem typisch öster reichischen Sicherheitsdenken verabschieden." Und Koch setzt nach: "Es darf dir nichts zu blöd sein. Da musst halt auch als Kleiner bei den Großen anklopfen und entsprechend Überzeugungsarbeit leisten." (Markus Rohrhofer, 13.9.2019)