Wegen der Verpflichtung zur Absenkung des CO2-Ausstoßes ziehen die Autohersteller bei ihren Händlern die Schrauben fester an. Der Flottenverbrauch, den Autokonzerne und EU-Kommission vereinbart haben, um die Emissionen auf 95 Gramm pro Kilometer zu drücken, ist ohne hohe Dieselquote und Elektroautos nicht zu schaffen.

Nun kristallisieren sich im Zuge der Budgetverhandlungen in den Automobilkonzernen nach und nach die konkreten Bedingungen heraus, mit denen Händler bei der Stange gehalten und die ambitionierten Klimaziele erreicht werden sollen.

Sie sind von Hersteller zu Hersteller durchaus unterschiedlich, gemeinsam ist aber allen: Der Dieselmix hat einen enorm hohen Stellenwert, denn bei höherem Absatz von Fahrzeugen mit Ottomotor rückt die Zielflagge bei den CO2-Grenzwerten in die Ferne, und es drohen den Fahrzeugherstellern empfindliche Strafzahlungen.

Bei Peugeot-Händlern geistert eine Dieselquote von 56 bis 57 Prozent herum, was nach Dieselskandal und Abgasschummel allerdings als illusorisch gilt. Wer sie nicht erreiche, dem werde die Marge gekürzt. "Die Händler werden quasi jedes Quartal bestraft, wenn sie die Quote verfehlen", sagt einer aus dem – bereits von 43 auf 34 Händler geschrumpften – Zusammenschluss von Handelsbetrieben dieser Marke. Werde der Dieselmix verfehlt, werde die Prämie pro Monat von einem Prozent auf 0,85 Prozent gekürzt.

Zu viele Benziner

Das ist angesichts der jüngsten Absatzzahlen Herausforderung genug, denn mit einem Anteil von knapp 55 Prozent hatten Benziner in den ersten acht Monaten des laufenden Jahres bei Neuzulassungen in Österreich klar die Nase vorn. 38,3 Prozent der neu angeschafften Pkws werden von einem Dieselaggregat angetrieben, der Rest entfällt auf Elektroautos (249 Stück), Erdgas und Hybrid-Pkws.

Womit klar ist: Allein mit Elektroautos, deren Absatz im Flottenverbrauch mit "Super-Credits" belohnt wird, wird die Autobranche klimaschutztechnisch nicht weit hüpfen. Die Zahl der Neuzulassungen für Elektroautos verdoppelte sich zwar (plus 105,4 Prozent auf 799), mit einem Anteil von 2,7 Prozent an allen neu zugelassenen Pkws spielt das E-Auto aber eine mehr als untergeordnete Rolle. Der CO2-Ausstoß pro Kilometer soll von 130 Gramm bis 2021 auf 95 Gramm abgesenkt werden.

"Brutale Rationalisierung"

Auto-Professor Ferdinand Dudenhöffer vom Car – Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen kennt das Problem. Verkaufsquoten für Dieselautos und vermutlich bald auch für E-Autos gebe es derzeit nur bei Peugeot, die Franzosen seien diesbezüglich knallhart. "Niemand ist so brutal und rationalisiert so skrupellos wie der Peugeot-Chef", sagt Dudenhöffer im Gespräch mit dem STANDARD.

Kein Hersteller in Europa verfolge das Ziel, die Lohnanteile auf zehn Prozent zurückzuführen, so konsequent, sagt Dudenhöffer unter Verweis auf die Vergleichszahl von 17 Prozent bei VW. "Der setzt auch dem Handel die Pistole an." Sie müssten bereits Strafe zahlen, wenn sie die angepeilte CO2-Senkung nicht schaffen. Das Ziel dahinter sei klar: "Die Fahrzeughändler sollen die Rabatte aus ihrer eigenen Tasche zahlen. Ob die dann pleitegehen, ist denen völlig egal."

Autohändler sind in der Zwick-mühle: Sie müssen die Fahrzeuge verkaufen, die auf dem Hof stehen. Und gleichzeitig sind die Flottenverbrauchsziele zu erfüllen, die Importeure und Politik fixiert haben.
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Mit Verkaufsquoten für Elektroautos würde sich das Problem im Fahrzeughandel verschärfen, zumal noch nicht ansatzweise ausreichend E-Fahrzeuge zur Verfügung stünden, zumindest nicht zu einem wettbewerbsfähigen Preis. Hinzu kämen die Rabattaktionen der Hersteller, die den Gewinn im Händlernetz zusätzlich aushöhlten. "Die geben uns Handelsspannen vor, und bei Minderabsatz wird diese Spanne gekürzt", rechnet der Bundesgremialvorsteher in der Wirtschaftskammer, Josef Schirak, vor. Über Leasing und Mietwagen werde zusätzlich an den eigenen Händlern vorbeiverkauft. "Es geht um das Diktat der Hersteller."

Experte rät zu Allianzen

Diesem solle sich der Handel keinesfalls beugen, rät Dudenhöffer zu Allianzen zwischen Autoherstellern, Politikern und Verbänden. Denn hier werde in eine Branche "ein neuer Kapitalismus wie zu Zeiten der Industrialisierung" eingeführt. "Das gefährdet den sozialen Frieden."

Vor diesem Hintergrund sei der Schritt der österreichischen PSA-Händler (Peugeot, Citroën, Opel) zum Kartellgericht eine richtige Entscheidung, sagt Dudenhöffer. "Der Handel muss sich wehren und am besten europaweit in Streik gehen." Das werden sie dann spüren. Ähnlich habe vor Jahren auch ein deutscher Premiumhersteller in China Lehrgeld gezahlt, als sich die Händler den Vorgaben widersetzten und der Absatz massiv zurückging. (Luise Ungerboeck, 14.9.2019)