Die ÖVP war zuerst gegen das Rauchen, dann dafür, dann wieder dagegen und ist jetzt wieder ein bisschen dafür.

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Sie kommen einfach nicht los von dem Zeug. Nur eine politische Zigarettenlänge nach dem Beschluss eines generellen Rauchverbots in der Gastronomie kurz vor dem Sommer erleidet die ÖVP beim Thema Nichtraucherschutz einen Rückfall. Die verärgerten Blauen machten das dahinterliegende Problem im Juli noch an anderer Stelle aus: "Ein Rückgrat wie ein Gartenschlauch", hieß es damals über den türkisen Ex-Koalitionspartner. Jetzt, zwei Wochen vor der Wahl, beweist die ÖVP erneut Elastizität und wendet sich mit einer Neuinterpretation des Beschlossenen Gastronomen und dem blauaffinen Wahlvolk zu.

Der sonst so geradlinig auftretende Altkanzler Sebastian Kurz schickt also die Wirtschaftskammer aus, um für Ausnahmeregelungen für die "Nachtgastronomie" zu werben. Die brauche es jetzt nämlich – wegen der zu erwartenden Lärmbelästigung durch Gehsteigqualmer. Unter dem Stichwort "Anrainerschutz" wollen Gastrobetriebe genau das vor dem Verfassungsgericht durchbringen.

Es ist die mittlerweile vierte Wendung in einer Debatte, die außer Österreich kaum ein westeuropäisches Land mehr führen muss – weil es dort bereits Rauchverbote gibt. Dabei hatte sich selbst in jenem Land, in dem das tägliche Schnitzel für manche zur Grundversorgung zählt, im Vorjahr Widerstand formiert. Fast 900.000 Menschen wollten die Regierung damals mit ihrer Unterschrift zu effektivem Nichtraucherschutz motivieren. Das Volksbegehren ist bei der ÖVP verpufft. Bei der FPÖ sowieso, auch wenn die Blauen die Latte für verpflichtende Volksabstimmungen deutlich niedriger legen wollen.

Damit es nicht fad wird, werden diesmal eben Anrainer- gegen Gesundheitsinteressen ausgespielt. Was kann diese Vernebelung der politischen Sinne noch toppen? Das Abkletzeln der Warnhinweise auf Zigarettenschachteln ist leider ausgeschlossen. Danke, EU! (Karin Riss, 14.9.2019)