Sie bauen an einer neuen FPÖ: der freundlich scheinende Parteichef Norbert Hofer (re.) und sein "rechte Haken" austeilender Vize Herbert Kickl.

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Es war nur eine kleine Passage in seiner Rede vor dem Grazer Parteitag, diese wird aber in der nächsten Zukunft die zentrale Rolle der freiheitlichen Politik in Österreich spielen. Norbert Hofer, der am Samstag mit 98,25 Prozent der Delegiertenstimmen zum neuen Parteichef der Blauen gewählt wurde, will die FPÖ, wie er am Parteitag kurz ankündigte, mittelfristig neu aufstellen und damit zur stärksten Partei der Republik aufbauen.

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Die Blauen sollen zu einer Art neuer rechten Volkspartei werden und alle Gesellschaftsschichten durchdringen. "Wir waren schon auf dem Weg, die stärkste Partei in Österreich zu werden – und sind an uns selbst gescheitert. Das wird und darf nicht mehr passieren", sagte Hofer. Nach der Nationalratswahl werde er nicht nur Koalitionsverhandlungen führen, sondern beginnen, die FPÖ strukturell und auch inhaltlich zu verändern. Er werde etwa das Thema Umwelt nicht weiter den Grünen überlassen. "Umweltschutz ist auch Heimatschutz", sagte Hofer.

Wesentlicher jedoch neben neuen thematischen Aufstellungen ist für Hofer die Verbreiterung der Partei hinein in den urbanen Raum, in die Universitäten und Kammern. "Wir sind am Land sehr gut, wir müssen die Wahlen aber auch in den Städten gewinnen, dazu braucht es eine urbane FPÖ."

Tipps von Orbán

Er habe sich mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán ausgetauscht, dieser haben ihm Tipps für eine urbane FPÖ gegeben und "Wege gezeigt, wie es gehen kann". Wie genau diese freiheitliche Neuausrichtung im urbanen Raum aber aussehen soll, wollte er noch nicht präzisieren.

"Wir haben im urbanen Bereich im Vergleich zum ländlichen Bereich einen Aufholbedarf", erläuterte auch der steirische FPÖ-Chef und Ex-Minister Mario Kunasek am Rande des Parteitages im STANDARD-Gespräch. "Da muss es uns gelingen, auch mit anderen Themen durchzudringen."

Hofer will Arbeiterkammer erobern

Die blaue Politik müsse abgestimmt werden auf die verschiedenen städtischen Lebensrealitäten. "In den bürgerlichen Vierteln geht es eben um andere Themen als in den alten Arbeitervierteln. Darauf müssen wir reagieren und uns thematisch verbreitern." Dies gelte auch für die Universitäten. Auch hier müsse der "Organisationsgrad" verbessert werden.

Stichwort Arbeitnehmer. Die FPÖ müsse auch die Vertretung der Arbeitnehmer, die Arbeiterkammern, erobern, forderte Parteichef Hofer in seiner Parteitagsrede. "Wir sind bei den Arbeitnehmern die stärkste Partei, wir müssen auch in der Arbeiterkammer zur stärksten Partei werden. Oder wollen wir sie den Roten weiter überlassen?", fragte Hofer ins Auditorium.

Nicht nur bei der Arbeiterkammer und den Universitäten: Die FPÖ müsse auch in den Gemeindevertretungen stärker zulegen. Hier sei ebenso eine Verbesserung der Strukturen notwendig. "Wir müssen unsere Organisation stärken, auch um mehr Bürgermeister und Gemeinderäte zu bekommen", verlangte Hofer.

"Rechte Haken"

Wer in der neuen Expansionsstrategie der FPÖ eher nicht vorkommt, sind die Frauen. Nun stellen in Österreich, auf dem Land wie auch in den Städten, Frauen etwas mehr als 50 Prozent der Bevölkerung dar. Eine breitere Aufstellung der Partei müsste damit auch bedeuten, dass mehr Frauen in der Partei etwas zu sagen haben. Am Parteitag dauerte es geschlagene zwei Stunden bis mit der Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek zum ersten Mal eine Frau vom Podium sprach. Auch deshalb brachten die FPÖ-Frauen am Samstag einen Antrag ein, der unter anderem darauf abzielt, mehr Frauen in die Politik zu bringen. Ein Blick auf die Nationalratswahlliste zeigt jedenfalls, dass auch dieses Mal nur wenige Frauen auf wirklich wählbaren Plätzen kandidieren (dürfen) und damit eine realistische Chance auf ein Nationalratsmandat haben.

Einigen Erklärungsbedarf hat der neue Parteichef Hofer wegen der verbal aggressiven Ausritte seines Stellvertreters, des Ex-Innenministers Herbert Kickl.

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Dieser hatte zum Gaudium der Delegierten unter anderem angemerkt, er werde Hofer im Kampf gegen politische Gegner beistehen, "die kriegen von mir einen rechten Haken oder eine Gerade". Obendrein wolle er "die Roten und Schwarzen so richtig panieren". Tags darauf, in der ORF-Pressestunde, versuchte Hofer zu kalmieren. Kickl habe das ja nur "satirisch" gemeint, es so formuliert, "dass es unterhaltsam ist".

Ganz anders sieht die SPÖ die Aussagen von Kickl: Nationalratsabgeordnete und zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures verurteilte die Aussagen als "inakzeptabel". In einer Demokratie gehe man so nicht miteinander um, sagte Bures. (Walter Müller, Fabian Sommavilla, 16.9.2019)