Ab dem 4. September 2018 saß Sigrid Maurer zum ersten Mal wegen der "Bierwirt-Affäre" vor dem Wiener Landesgericht.

Foto: Christian Fischer

Wien – Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres muss sich Sigrid Maurer, Grünen-Kandidatin für die Nationalratswahl, am Montag wegen übler Nachrede im Wiener Landesgericht einfinden. Sie hatte im Mai 2018 obszöne Nachrichten an sie, die vom Facebookkonto eines Wiener Wirten gekommen waren, veröffentlicht und den Namen des Mannes genannt. Der Besitzer eines Biergeschäftes klagte Maurer darauf wegen übler Nachrede und Kreditschädigung. Denn: In seinem Geschäft hätten auch Gäste Zugang zu dem PC und damit dem Facebookkonto gehabt, er habe die derben Aufforderungen zu sexuellen Handlungen nicht geschrieben.

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Am 9. Oktober endete der erste Prozess mit einer Verurteilung Maurers mit einem nicht rechtskräftigen Schuldspruch wegen übler Nachrede, aber einem Freispruch vom Vorwurf der Kreditschädigung. Richter Stefan Apostol verurteilte die Angeklagte zu 150 Tagsätzen á 20 Euro, also 3000 Euro, die sie an den Staat hätte zahlen müssen.

3000 Strafe, 4000 Euro für Wirt

Weitere 4.000 Euro für die "erlittene Unbill" wurden dem Wirt zugesprochen. Dessen deutlich weitergehenden Ansprüche wegen angeblichen Geschäftsrückgangs – es hagelte vor allem im Internet schlechte Bewertungen – wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Zudem musste die 33-Jährige die Kosten des Verfahrens übernehmen.

Maurer, vertreten von der auch für den STANDARD tätigen Anwältin Maria Windhager, kämpfte juristisch weiter und meldete gegen Apostols Entscheidung Nichtigkeit und Berufung an. Die am 12. März erfolgreich war: Das Oberlandesgericht Wien hob das Urteil auf und verlangte einen neuen Prozess.

Das OLG hatte Bedenken gegen die Beurteilung des Erstgerichts, wonach der Beschuldigten der Wahrheitsbeweis nicht gelungen sei, dass wirklich der Privatankläger die Nachrichten versendet hat. Es wurde nämlich "nicht ausreichend gewürdigt, dass die Nachrichten immerhin vom Computer und vom Facebook-Account des Privatanklägers versendet wurden".

"Beweiswürdigung gab kein stimmiges Bild"

Es sei nicht beachtet worden, dass bei der Beurteilung des Wahrheitsbeweises eine gewisse Lebensnähe zu beachten sei. "Die Beweiswürdigung habe kein stimmiges Bild ergeben, denn der Privatankläger habe nicht schlüssig dargestellt, dass konkret eine andere Person die Nachrichten geschrieben und verschickt hat", hieß es in der Begründung des OLG Wien.

Am 7. Mai erlitt der Bierwirt eine weitere juristische Niederlage. Der Mann hatte eine Medienklage gegen "Österreich" eingebracht, das ihn in einem Artikel mit den Postings in Verbindung brachte. Richter Gerald Wagner wies den Antrag aber nicht rechtskräftig ab – und fand klare Worte: Dem Wirt sei im Artikel keine strafrechtlich relevante Handlung vorgeworfen worden.

"Österreich" müsse keinen Wahrheitsbeweis antreten, schon ein dringender Tatverdacht würde genügen, dass der Gastronom die Nachricht an die Ex-Abgeordnete geschickt habe. Alles andere sei auch höchst unwahrscheinlich, so der Richter. "Bis heute, obwohl Sie am nächsten Tag kontaktiert wurden, können oder wollen Sie sich nicht erinnern, wer am Vortag bei Ihnen im Geschäft war", formulierte es der Richter im Mai.

Start um 10 Uhr

Ob der um 10 Uhr im Saal 303 beginnende Prozess auch heute zu Ende geht, ist noch unklar. (red, 16.9.2019)

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