Die ÖVP-geführte Salzburger Stadtregierung lehnt verpflichtende Abbiegeassistenten strikt ab und hat stattdessen an einer Kreuzung eine Warnanlage installiert.

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Es gab Zeiten, da war die Stadt Salzburg österreichweit gefeierte Vorreiterin in Sachen Radverkehr. Es gab Mobilitätspreise, und der Anteil zurückgelegter Wege mit dem Rad konnte auf rund 20 Prozent gesteigert werden. Das Klima war fahrradfreundlich wie sonst kaum wo in Österreich. Umsetzer einer tendenziell radlfreundlichen Politik war Langzeit-Verkehrsstadtrat Johann Padutsch von der grünen Bürgerliste; das Symbol nach außen war Langzeitbürgermeister Heinz Schaden (SPÖ), der auch zu offiziellen Terminen mit dem Rad kam.

Brücke ohne Radstreifen

Inzwischen hat sich der Wind gedreht an der Salzach, und die Radfahrer bekommen zunehmend politischen Gegenwind. Begonnen hat es mit der Eichbrücke im Stadtteil Gnigl. Die baufällige Brücke über die Eisenbahn musste neu gebaut werden.

Das kostete sieben Millionen Euro – voraussichtliche Lebensdauer 100 Jahre. Auf Radfahrstreifen hat man "vergessen" oder aus "Kostengründen" verzichtet. Je nach Sichtweise. Auf der vielbefahrenen Route müssen sich Fußgänger und Radfahrer den schmalen Gehsteig teilen, gefährliche Momente sind an der Tagesordnung.

Neue Verkehrsressortchefin

Politisch verantwortlich war damals Barbara Unterkofler als Baustadträtin. Sie saß für die Neos in der Stadtregierung. Nach der Gemeinderatswahl im März 2019 ist Unterkofler zur Vizebürgermeisterin aufgestiegen – allerdings nicht mehr für die Neos, sondern auf einem ÖVP-Ticket. Sie ist auch nicht mehr für das Bauressort verantwortlich, sondern ihr unterstehen die Verkehrsagenden.

Kein Abbiegeassistent

Und plötzlich haben sich die Prioritäten in der Radverkehrspolitik verschoben. Den in Wien zum Schutz von Radfahrern und Fußgängern diskutierten verpflichtende Abbiegeassistenten für Lkws lehnt Unterkofler kategorisch ab. "Stellen Sie sich vor, alle fahren in der Stadt nur mehr nach links", sagt Unterkofler dazu in einem Interview mit den Salzburger Nachrichten.

Nur an einer besonders unfallträchtigen Kreuzung, an der heuer eine junge Frau von einem Lkw überfahren und getötet wurde, ist eine automatische Warneinrichtung installiert worden. Kommt ein Radfahrer, werden LED-Blinklichter über eine Induktionsschleife ausgelöst. Ein erster Funktionstest verlief übrigens negativ, bei Sonneneinstrahlung sind die Lichtlein kaum sichtbar.

Radialachsen und Ringwege

Unterkofler lehnt auch kategorisch jegliche Einschränkung für den motorisierten Individualverkehr in der Staustadt Salzburg ab. Stattdessen formuliert sie in demselben SN-Interview als Ziel, "die Räder von der Straße wegzubekommen", und verweist auf das Radwegebudget in der Höhe von zwei Millionen Euro. Mit diesem sollen "zwölf Radialachsen und Ringwege", die bis ins Umland führen, gebaut werden. Wie und wann, ist nicht bekannt.

Dazu kommt: Das Zwei-Millionen-Budget konnte schon bisher nicht verbaut werden. 400.000 Euro sind einfach liegengeblieben. Wesentlicher Grund dafür: Der von der Stadt eingesetzte Radwegekoordinator blieb ein Einzelkämpfer und konnte die Projekte einfach nicht abarbeiten.

In dieses Bild passt, dass weiterhin auf Jahre hin große, dicht besiedelte Stadtteile vom Radwegenetz de facto abgeschnitten bleiben. Dass quer durch die Stadt – egal ob Innenstadt oder vor großen Betrieben und Institutionen – keine oder zu wenige Radabstellplätze vorhanden sind, interessiert trotz wiederholter Eingaben betroffener Bürger ohnehin kaum jemanden in Politik und Verwaltung. (Thomas Neuhold, 17.9.2019)