Der Vertrag mit dem künstlerischen Leiter Christian Thielemann und der Sächsischen Staatskapelle Dresden wird nicht verlängert.

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Nikolaus Bachler soll die Salzburger Osterfestspiele ab 2023 neu positionieren und jüngere Publikumsschichten erreichen.

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Seit Monaten schwelte der Konflikt um die künftige Führung der Salzburger Osterfestspiele zwischen dem derzeitigen musikalischen Leiter Christian Thielemann und Nikolaus Bachler. Letzterer wurde von den Festspielen und der Landespolitik als Intendant designiert und sollte ab 2022 die künstlerische Gesamtverantwortung übernehmen. Ersterem schmeckte das erwartungsgemäß wenig: Thielemann hatte das auf Herbert von Karajan zurückgehende Klassikfestival 2013 mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden aus einer veritablen Existenzkrise geholt. Seine Bilanz bei den konservativen Festspielen kann sich sehen lassen. Die Musikkompetenz Bachlers, der noch bis 2020 Intendant der Bayerischen Staatsoper ist, zweifelte Thielemann aber offen an.

Das hausgemachte Luxusproblem, wonach zwei Kapazunder aus der Branche offenbar einer zuviel sind, entlud sich zuletzt im Streit darüber, ob 2022 Wagners "Lohengrin" (Thielemanns Wunsch) oder Webers "Freischütz" (Bachlers Präferenz) gegeben wird.

Entscheidung nach Aufsichtsratssitzung

Am Dienstag tagte zu dem Führungskonflikt nun der Aufsichtsrat der Osterfestspiele. Der finale Akt in dieser Salzburger Seifenoper soll nun für beide Leithammel gesichtswahrend enden. In einer Pressekonferenz gaben Aufsichtsratsvorsitzende Sarah Wedl-Wilson, Salzburgs Bürgermeister Harald Preuner und Landeshauptmann Wilfried Haslauer die Lösung bekannt: Thielemann bleibt bis 2022 musikalischer Leiter, zieht danach aber mit der Dresdner Staatskapelle ab.

Nikolaus Bachler übernimmt wie vereinbart mit 2020 als Nachfolger von Peter Ruzicka zunächst die kaufmännische Geschäftsführung, ab 2023, nach dem Abzug Thielemanns, schließlich auch die künstlerische Gesamtverantwortung. Der künftige Intendant will ab diesem Zeitpunkt jährlich wechselnde "Weltspitzenorchester" an die Salzach holen, was nicht einfach werden dürfte.

Das Festival soll Bachler zudem um neue Genres wie Ballett oder Jazz erweitern – eine Zäsur für die Osterfestspiele, bei der unsicher scheint, ob das angestammte Publikum die tiefgreifende Veränderung mittragen wird.

Die Verantwortlichen glauben fest daran: "Wir haben uns nicht gegen Thielemann entschieden, sondern für die Osterfestspiele", sagte Salzburgs Landeshauptmann Wilfied Haslauer. Eine Erneuerung sei notwendig, die Auslastung sei zuletzt nur mehr bei 79,6 Prozent gelegen und das Publikum älter geworden.

"Neue Schichten für das Festival gewinnen"

Bachler präzisierte: Das Festival lebe noch immer in der Herbert-von-Karajan-Struktur von 1967, während sich rundherum viel verändert habe. Die zwei Aufführung der einzigen Oper seien etwa genau auf die 4.500 Karajan-Fans von damals zugeschnitten gewesen. Doch von den Fans dieser Zeit seien inzwischen nur mehr 1.000 übrig. Eine Reform sei notwendig. "Und Thielemann ist nicht der Erste, der einem bei Reformen einfällt", so der künftige Intendant.

Den zeitlichen Rahmen des Festivals von zehn Tagen möchte Bachler beibehalten, diese Tage aber "mit permanenten kulturellen Anreizen" von Vormittag bis tief in die Nacht füllen. "Theoretisch" könne er sich sogar die Toten Hosen bei den Osterfestspielen vorstellen. Es gelte, neue Schichten für das Festival zu gewinnen.

Neben der Neukonzeptionierung soll Bachler auch wirtschaftlich einen Umschwung einleiten und vor allem im Bereich der Sponsoren für neue Einnahmen sorgen. Hier setzt er auch auf "Kleinsponsoren", das sind nach seinem Verständnis Geldgeber mit Beträgen von vielleicht 10.000 Euro. Damit könne man in Summe viel Geld aufbringen. Die Osterfestspiele sind nach wie vor ein frei finanziertes Festival. Die Gesellschafter übernehmen zwar jedes Jahr eine Ausfallhaftung über insgesamt eine Million Euro, der Betrag wurde bisher aber noch nie zur Gänze ausgeschöpft.

Eines war Bachler heute noch wichtig klarzustellen: "Es gab nie einen Kampf der Titanen. Denn erstens bin ich kein Titan, und zweitens haben wir nicht gekämpft."

Thielemann, der dem Medienauftritt fern blieb, konnte sich wiederum noch einmal mit seinen Programmwünschen durchsetzen. Als Abschiedsgeschenk geben er und die Dresdner 2022 den "Lohengrin". (stew, APA, 17.9.2019)