Das Urteil gegen den Angeklagten war vorerst nicht rechtskräftig.

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Wien – Weil er versucht haben soll, seine Ex-Freundin mit einem Handy-Ladekabel zu erdrosseln, ist am Mittwoch ein 57-jähriger Mann am Wiener Landesgericht zu 13 Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Die Geschworenen sprachen den Mann anklagekonform wegen versuchten Mordes schuldig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

"Ich hab' die Frau gar nicht angegriffen", hatte der Angeklagte den Geschworenen versichert. Die Frau lüge und habe ihn im Ermittlungsverfahren zu Unrecht belastet, "weil sie zornig war".

Die beiden hatten sich über die Online-Parnerbörse Parship kennengelernt, wobei der 57-Jährige auf "Charmeur der alten Schule" gemacht habe und als "Mann von Welt" aufgetreten sei, wie Staatsanwalt Martin Ortner erläuterte. "Ihr ist am Anfang gar nicht aufgefallen, dass sie alles bezahlt hat", sagte Ortner. Der Angeklagte sei "damals schon völlig am Ende gewesen", habe mehrere Vorstrafen aufgewiesen und gar keine eigene Wohnung gehabt.

"Er ist ein Wutbürger"

Im September 2018 erfolgte die Trennung. Am 24. November klopfte der 57-Jährige bei seiner Ex an, aus Mitleid habe sie ihn hineingelassen und ihm ein Mittagessen zubereitet, weil er einen abgerissenen Eindruck machte, wusste der Staatsanwalt. Schließlich sei es zu einem Streit gekommen, den die Frau nur überlebt hätte, weil Nachbarn ihre Hilfeschreie hörten. Diese klopften gegen die Wohnungstüre und riefen "Polizei", was den Angeklagten dazu gebracht hätte, von der Frau abzulassen, die darauf hin aus der Wohnung flüchten konnte.

"Er ist kein Mörder. Er ist ein Wutbürger", meinte Verteidiger Philipp Wolm. Er verwies auf die Feststellungen des psychiatrischen Sachverständigen, der herausgefunden habe, dass der Angeklagte keine gewalttätige Person sei. "Seine Aggressivität ist extrem unter der Norm", betonte Wolm.

"Das Ausland ist ein weites Land"

Der Gerichtsmediziner habe wiederum die Verletzungen der Frau als leicht eingestuft. Die Betroffene habe nach Eintreffen der Polizei die Beiziehung des Rettungsdienstes abgelehnt. Das Ganze sei "eine Streiterei, wie sie in jedem Schulhof vorkommt" gewesen, meinte der Verteidiger.

Der zuletzt unterstandslose Angeklagte – er dürfte die Nächte in einem Auto verbracht haben – gab sich in der Verhandlung als Firmenbesitzer aus. Seit 1994 sei er selbstständig. Zuletzt hätte er sein Unternehmen zwei Deutschen übertragen, die ihm monatlich Geld überweisen würden. Als der Staatsanwalt wissen wollte, welche Beträge er erhalte, erwiderte der 57-Jährige: "Genug, um mir einen Anwalt leisten zu können." Wo denn die Firma lokalisiert sei, hakte der Staatsanwalt nach. "Im Ausland", meinte der Angeklagte ausweichend. "Das Ausland ist ein weites Land", philosophierte der Anklagevertreter. "Es sind mehrere Länder. Ich sag' Ihnen nicht welche", trotzte der 57-Jährige. (APA, 17.9.2019)