30.000 Tonnen Kunststoff- und Gewerbeabfall werden in der Grazer Anlage sortiert. Das Resultat sieht aus wie eine gute Partie Tetris.

Foto: Saubermacher/Pixelmaker

Der Ort, wo weggeworfene Verpackungen der Wiener Haushalte hinkommen, ist ein Irrgarten. Die Sortieranlage in Graz ist ein unüberschaubares Durcheinander aus Förderbändern, Schläuchen und Treppen, die sich zwischen Containern, Wannen und Maschinen durchschlängeln. Zumindest auf den ersten Blick.

Rund 100 Tonnen Leichtverpackungen werden hier täglich getrennt, das Material kommt aus Kärnten, der Steiermark und, zumindest das Plastik, aus Wien. Bisher bestand der Müll, der hier ankam, zu gut 15 Prozent aus PET-Flaschen, gut ein Prozent war Alu und Eisen. Weil Wien im nächsten Halbjahr gelbe und blaue Tonnen zu einem Container fusioniert, kommen bald auch die Wiener Dosen hierher.

Der Prozess, in dem Abfall in seine Einzelteile zerlegt wird, beginnt bei einem meterhohen Haufen. Jetzt, Anfang der Woche, ist er noch recht niedrig. Knapp unter der Decke hängen Plastikfetzen in Ritzen an der Wand und zeigen, wie hoch er werden kann. Schaufelweise karrt ein Stapler den Abfall zum Sackabschneider, der die gelben Säcke, in denen in manchen Regionen gesammelt wird, öffnet. Mit Rechen und einem Gerät, das Folienabtrenner heißt und wie ein Folterinstrument aussieht, werden Folienteile entfernt.

100 Tonnen Leichtverpackungen kommen jeden Tag zu den Saubermachern.
Foto: Saubermacher/Pixelmaker

Zurück bleiben Flaschen und Tetrapacks, Stahlschwämme und Chipssackerl, Spielzeug und Spüli-Flaschen, die auf Förderbändern durch die Halle wandern. Der Lärmpegel ist hoch, eine Unterhaltung eine Herausforderung.

Fehlende Trennmoral

"Aus Analysen wissen wir, dass auf dem Land die Trennmoral höher ist als im urbanen Raum", sagt Reinhard Fasching, Produktionsleiter der Betreiberfirma Saubermacher, und hält ein Stück von einem Kinderplanschbecken in die Höhe. Im Dorf wolle niemand, dass die Müllabfuhr den gelben Sack in der Hauseinfahrt stehen lässt, weil drinnen ist, was nicht hinein gehört. Wer in der Stadt seinen Müll in einen Container werfen will, der schon voll ist, nehme ihn nur selten wieder mit heim.

Nachdem der Müll gesiebt wurde, geht ein Teil zum Windsichter, er saugt kleine Folienteile weg. Es wirkt wie Zauberei, was die Farbsortiermaschine macht, wenn sie weiße Flaschen nach oben pustet und bunte nach unten fallen lässt, später werden sie nach Grün und Blau sortiert. Eine Nahinfrarotmaschine trennt nach Material – je sauberer die Trennung, desto begehrter das Recyclingmaterial. Im Eisenabscheider schnellen Dosen durch ein Magnetfeld in die Höhe, nebenan fliegen Aluminiumverpackungen dank Wirbelstroms.

Schon jetzt sind immer wieder Dosen im Wiener Plastikmüll, getrennt musste er also ohnehin werden. Dass sie nun mit Absicht dabei sind, ändert nur die Menge, nicht den Prozess. Die Saubermacher hätten simuliert, ob sie die Umstellung in Wien stemmen könnten, sagt Fasching. Schon jetzt wird im Dreischichtensystem gearbeitet – und mit erstaunlicher Geschwindigkeit. An den Handlesebändern greifen die Mitarbeiter mit beiden Händen nach Verpackungen in bestimmter Farbe oder aus bestimmtem Material und werfen sie, ohne aufzusehen, in Container um sich herum.

Am Handleseband wird nachbearbeitet, was Maschinen übersehen.
Foto: Christian Jungwirth

Neben einem Mitarbeiter steht ein kleiner Plastikdinosaurier, ein anderer steht zwischen Wasserflaschen voll oranger Flüssigkeit. In der Sekunde, in der das Förderband stehen bleibt, ziehen die knapp ein dutzend Leute an den vier Bändern die Handschuhe aus und gehen. Pause. "2000 Tonnen mehr schaffen wir", sagt Fasching. Käme noch mehr, müsste man umschichten oder investieren.

Brände durch Batterien

Der Konsument könnte die Arbeit der Saubermacher erleichtern. Etwa indem Flaschen vor dem Entsorgen ausgeleert werden. Sie müssen sonst aufgeschnitten werden, das ist erstens eine "Sauerei", wie Fasching sagt, zweitens brechen die Messer, wenn im Winter die Flüssigkeit gefriert. Oder, indem man nur in die Container wirft, was hineingehört.

Das dem nicht so ist, zeigen Wannen voller Schuhe, Regenschirme, Autoreifen und Bälle. Auch Fahrräder und Reifen lagen da schon drinnen, sagt Fasching. Batterien würden immer wieder Brände in Sortieranlagen auslösen.

Je sauberer getrennt wird, desto besser können sie weiterverwertet werden.
Foto: Christian Jungwirth

Dass jährlich 7600 Tonnen Plastik- und Alumüll aus Wien 200 Kilometer hierher an den Rand von Graz gebracht und zwischen Fabrikshallen von Hilti und Puch bei den Saubermännern abgeladen werden, argumentiert die Altstoff Recycling Austria damit, das die Stoffe ohnehin im Süden weiterverwertet werden. Aussortierte Folien und Kanister, erklärt Fasching, würden meist in der Steiermark bleiben, Waschmittelbehälter in Kärnten weiterverarbeitet werden. PET-Flaschen werden vor allem im Burgenland zu neuen PET-Flaschen gemacht, und die Restfraktion wandert Richtung Südsteiermark, um für die Heizöfen der Zementindustrie aufbereitet zu werden.

Am Ende steht eine Presse, die kubikmetergroße Würfel formt, mit Draht umwickelt und sie dann auf einer Schiene im Boden ablegt. Aus dem Irrgarten wandern die Würfel ins Freie, wo sie fein säuberlich nach Farbe sortiert und gestapelt auf ihren Abtransport warten. (Gabriele Scherndl, 19.9.2019)