Das Ziel soll es sein zu ermöglichen, was die meisten wünschen: möglichst lange daheim sein zu können.

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Der burgenländische Landtag beschließt am Donnerstag in der 58. Sitzung seiner XXI. Gesetzgebungsperiode eine Novelle zum Sozialhilfegesetz, die es durchaus in sich haben könnte. Neu geregelt wird mit dieser Novelle nämlich die Pflege. Die soll in Zukunft ausschließlich gemeinnützig organisiert werden. Und, solange es geht, daheim.

Pflegende Angehörige sollen schon ab 1. Oktober in ein Anstellungsverhältnis eintreten können. Und das zum demnächst festgeschriebenen, landesnahen Nettomindestlohn von 1.700 Euro, jedenfalls in der Pflegestufe fünf. In den Stufen drei (1.050) und vier (1.040) ist das entsprechend weniger. Organisiert wird das in einer unlängst ins Leben gerufenen Pflegeservice Burgenland GmbH. Das ist eine 100-Prozent-Tochter der Krankenanstalten GmbH (Krages), die ihrerseits dem Land gehört.

Berufsperspektive

Die pflegenden Angehörigen seien, sagt SPÖ-Klubchefin Ingrid Salamon, damit sozialversichert. Für Urlaubs- und Krankenstandsvertretung werde gesorgt. "Und natürlich gibt es den Gehalt 14-mal." Innerhalb eines Jahres müsse ein kostenloser Kurs absolviert werden, um so einen Befähigungsnachweis zu erbringen.

Ziel sei es jedenfalls, dem Wunsch der meisten Älteren nachzukommen, möglichst lange daheim bleiben zu können. Und für manche der pflegenden Angehörigen könne sich auch eine Berufsperspektive auftun. Salamon: "Vielleicht will jemand dann in den Pflegeberuf einsteigen." Der Bedarf, da sind alle sich einig, wäre da.

Neuland

Dieses Gesetz – eines der zentralen Vorhaben und -gaben von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil – ist freilich auch, sagt der blaue Klubchef Géza Molnár, "ein Wagnis, wir betreten da Neuland, das ist eine auch rechtliche Herausforderung". Immerhin würden ja intensiv arbeitsrechtliche Belange berührt. Immerhin sei unklar, was wie der Bund tun werde. "Wir haben versucht, alles rechtlich so weit wie möglich abzusichern."

Es sei aber hoch an der Zeit. Seit 2006 werde von "Pflegenotstand" geredet, sagt Molnár. Jetzt komme Sebastian Kurz mit einem Pflege-daheim-Bonus von 1.500 Euro pro Jahr. Das sei, so Salamon, "beschämend für die ÖVP". Das Pflegethema verschärfe sich zunehmend. Die geburtenstarken Jahrgänge kämen erst ins entsprechende Alter. Molnár: "Irgendwann muss man sagen, wie man das angeht. Und vor allem: Man muss tun."

Evaluierungstermin

Die Novelle hat – der Ungewissheit geschuldet – ein Ablaufdatum: den 31. März 2022. Bis dahin muss die Regelung evaluiert, bestätigt oder geändert werden. Ansonsten läuft sie bis zum 30. September dieses Jahres aus. "Es ist", sagt Molnár, "ein spannender Weg mit einer Reihe von Unwägbarkeiten. Aber er ist es wert, gegangen zu werden."

Ist er nicht, sagt die burgenländische ÖVP. Landeschef Thomas Steiner sieht im im rot-blauen Zukunftsplan Pflege "eine Politik der Überschriften". Dieses Modell sei gescheitert, bevor es überhaupt in Kraft trete, sei bloß ein "Vorgaukeln, dass hier Lösungen angeboten werden". (Wolfgang Weisgram, 18.9.2019)