Johannes Rauch und Katharina Wiesflecker wollen weiterregieren.

Foto: Jutta Berger

Bregenz – Die Grünen wählten als Location für die Präsentation ihres Wahlprogramms das Bodenseeufer. Zwischen See und Berg, direkt an der Bahnlinie und am Radweg, lassen sich Klimathemen gut verkaufen. Beim leistbaren Wohnen vor der Kulisse der Pfänderhangvillen wird es dann etwas schwieriger. Immerhin zeigen dort Hausbesitzer Sympathien. So durften die Grünen ihr großes Klimaschutz-Transparent, das sie aus Gründen der Verkehrssicherheit vom Feldkircher Stadtschrofen entfernen mussten, auf dem Gerüst eines Villenrohbaus anbringen.

Nach fünf Jahren Schwarz-Grün zogen die Regierungsmitglieder Johannes Rauch (Umwelt) und Katharina Wiesflecker (Soziales) Bilanz: Ohne Grüne hätte man 2015 die Unterbringung Geflüchteter nicht so gut gemeistert, meint Rauch. Der jährliche Zuwachs von Öffi-Nutzenden (plus zehn Prozent) sei der Grünen Verkehrs- und Tarifpolitik geschuldet, das Vorarlberger Mindestsicherungsmodell sei ein Widerstandsprojekt gegen soziale Kälte der Bundesregierung, die Kinderbetreuungsplätze wurden verdoppelt.

Beim bildungspolitischen Hauptthema von 2014, der gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen, sind die Grünen jedoch gescheitert. Aus der angekündigten Modellregion wurde nichts. Bildungssprecher Daniel Zadra vergleicht die Schulreform mit einem Marathonlauf, aus seiner Sicht hat man fünf von 42 Kilometern geschafft.

Klima im Zentrum

Die grünen Ideen für die nächsten fünf Jahre sind ambitioniert. Vorrangiges Thema ist der Klimaschutz. Was aktuell getan werde, reiche nicht aus, sagt Rauch. Und: "Es geht alles zu langsam." Er möchte für Klimaschutzmaßnahmen 100 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren. Der Zehnminutentakt der Bahn ist ein Ziel, Umbau zur Ökolandwirtschaft, Landesförderungen für erneuerbare Energie, Gründächer und die Umleitung des Güterverkehrs auf die Schiene sind aus Sicht der Grünen weitere notwendige Maßnahmen.

Mitfinanzieren soll das Programm eine Klimaanleihe, zu 1,5 Prozent verzinst. Die Bereitschaft, Anleihen zu zeichnen, sei hoch, ist Rauch überzeugt. Das würden erfolgreiche Finanzierungsprojekte in Gemeinden zeigen. So habe man in Lustenau innerhalb von zehn Minuten 250.000 Euro für Solaranlagen gesammelt.

Das Klima könnte auch Hauptthema im Bildungsbereich werden, wünscht sich Zadra. Er hat die Beteiligung am Förder- und Vernetzungsprogramm Europäische Universität vorgeschlagen. Ein länderübergreifendes Uniprojekt könnte sich mit Klimaforschung beschäftigen, schlägt Zadra vor.

Armut verhindern

Das soziale Klima im Land ist Thema von Wiesflecker. Ihr Schwerpunkt, sollte sie wieder in die Landesregierung kommen, wird die Armutsprävention sein. Vorarlberg sollte zur chancengerechten Region werden. Wiesflecker: "Wir brauchen ein starkes soziales Miteinander." Ihr Modell der Mindestsicherung sollte zum österreichischen Standard anstelle der Sozialhilfe neu werden.

Nina Tomaselli, die um ein Grundmandat bei der Nationalratswahl rennt, fordert leistbares Wohnen. Die Verdoppelung des Anteils gemeinnützigen Wohnbaus auf 24 Prozent, was österreichischen Durchschnitt bedeute, sei notwendig. Und die Halbierung des Leerstands, der rund 8.000 Wohnungen ausmache.

Neue Konkurrenz

Bei der Landtagswahl 2014 bekamen die Grünen 17,1 Prozent der Stimmen, 2009 waren es 10,6. Bei der letzten Europawahl erreichten sie 18,8 Prozent (23,3). Bei der Nationalratswahl 2017 fielen sie von 17 auf 7,2 Prozent. Umfragen prognostizieren bei der Landtagswahl am 13. Oktober ein Minus von fünf bis sieben Prozentpunkten.

Noch nicht eingerechnet sind bei diesen Prognosen neue Parteien. Mit der Gruppierung "Der Wandel" bekommen die Grünen Konkurrenz aus der linksalternativen Szene, die neue Mittepartei "Xi" will auch im Ökobereich punkten. (Jutta Berger, 19.9.2019)