Gegen Ende des Films sitzen zwei ältere Herren nebeneinander auf Gartenstühlen im weiten Land von Tansania, blicken in einen roten Sonnenuntergang und lauschen der zur Ruhe kommenden Natur. Irgendwann fragt einer den anderen, ob er hier mit ihm leben wollen würde. Der sagt Ja – und beide lachen. Die zwei, die da sitzen, sind alte Geschäftspartner. Einer ist der Schweizer Textilunternehmer Patrick Hohmann, Gründer der Remei AG, ein Pionier der nachhaltigen Bekleidungsproduktion.

Hohmann steht am Ende seines Berufslebens, in der Dokumentation "Fair Traders" von Nino Jacusso blickt er zurück. Als er vor 20 Jahren in Indien und Tansania Baumwolle für den Weltmarkt kaufen will, stellt er fest, dass der Verdienst der Produzenten vor allem für den Kauf giftiger Pestizide draufgeht. Er will es anders machen und überzeugt die Bauern davon, auf biologischen Anbau umzusatteln. Es entstehen zwei Großprojekte zur Gewinnung von Biobaumwolle. Hohmann verspricht seinen 6.000 Vertragsbauern, die Verantwortung dafür zu übernehmen, ihre Ware zu einem guten Preis zu verkaufen. Er hält Wort. Der Umsatz von Remei liegt heute bei 20 Millionen. "Ich will einen Gewinn – damit ich weitermachen kann", sagt Hohmann im Film.

Hohmann verspricht seinen 6.000 Vertragsbauern, die Verantwortung dafür zu übernehmen, ihre Ware zu einem guten Preis zu verkaufen.
Foto: RECK Filmproduktion Zürich

Die zweite Protagonistin ist die deutsche Textilunternehmerin Sina Trinkwalder. Nach Jahren in der Werbebranche fasste sie den Plan, etwas, wie sie sagt, "gesellschaftlich Relevantes" zu machen – und eröffnet unter Einsatz all ihres Vermögens einen ökosozialen Textilbetrieb in Augsburg. Sie will ausschließlich Menschen beschäftigen, die der Arbeitsmarkt aussortiert hat, Hartz-IV-Empfänger, "Leute, die sonst keiner will".

Der Trailer zum Film.
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Sie sagt diesen Frauen und Männern zu, sie bis zur Pension zu beschäftigen. Die Rechnung geht auf: Trinkwalder führt heute ein erfolgreiches Unternehmen mit 150 Angestellten, wurde mit Preisen überhäuft und produziert für Kunden wie DM, Real und Edeka. "Ich will wachsen", sagt sie im Film. "Aber qualitativ."

Wachsen in der Qualität

Die ehemalige Werberin Sina Trinkwalder beschäftigt Menschen, "die sonst keiner mehr will". Und packt selbst mit an.
Foto: RECK Filmproduktion Zürich

Ein radikaler Schritt steht auch am Beginn der Reise von Claudia Zimmermann. Sie kündigt den Job als Pädagogin, übernimmt mit ihrem Mann den elterlichen Bauernhof, verpfändet ihre Altersvorsorge und eröffnet 2016 im schweizerischen Mittelland einen Dorfladen. Dort verkauft sie biologische Produkte aus der Region. Was sie nicht selbst produziert, bezieht sie regional. Und sagt: "Eine gesunde Gesellschaft braucht eine gesunde Landwirtschaft." Als Bäuerin weiß sie selbst, wie viel Arbeit in Lebensmitteln steckt, und zahlt ihren Produzenten einen fairen Preis.

"Eine gesunde Gesellschaft braucht eine gesunde Landwirtschaft", sagt die ehemalige Kindergärtnerin Claudia Zimmermann.

Und sie schafft mit dem Dorfladen einen Ort der Begegnung – in einer Region, in der die Menschen sonst ihre Nahrung mit dem Auto aus dem Supermarkt holen. Nino Jacusso ist ein ermutigender Film gelungen, der zeigt, was nach dem Neoliberalismus kommen könnte: Eine Zeit der Kooperation, des Respekts – und eine Zeit der Freundschaft. (Lisa Mayr, 21.9.2019)

Ab Freitag im Kino.