Die Spitzenkandidaten legen ihre Standpunkte zum Thema Steuern dar.

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Ginge es allein nach der Steuerpolitik, dann wäre eine Fortsetzung der alten Regierung aufgelegt: ÖVP und FPÖ sind sich im Grundsatz einig. In anderen Konstellationen gäbe es in Koalitionsverhandlungen viel aufzulösen. Für Kontroverse sorgen nicht nur Umweltsteuern, sondern auch die Frage der Gegenfinanzierung: Die Mitte-links-Parteien stehen generellen Steuersenkungen reserviert gegenüber.

1. Die Steuer- und Abgabenquote liegt bei 42,2 Prozent des BIPs (Stand 2018). Bittet der Staat die Bürger zu stark zur Kasse?

Sebastian Kurz, ÖVP:

Ja, denn es wird aufgrund der hohen Belastungen immer schwieriger, sich durch eigene Arbeit etwas aufzubauen. Daher wollen wir die Steuer- und Abgabenquote in Richtung 40 Prozent senken. Wir wollen, dass die Menschen in Österreich Arbeit haben, von der sie gut leben können.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:

Die Steuer- und Abgabenquote ist über die Zeit erstaunlich stabil. Wichtiger als die Senkung ist die Änderung der wachstums- und leistungsfeindlichen Steuerstruktur. Arbeit wird zu hoch besteuert, Vermögen, Kapitalerträge und umweltschädliche Produktion zu niedrig.

Norbert Hofer, FPÖ:

Ja. Ziel ist, die Steuer- und Abgabenquote in Richtung 40 Prozent zu senken. Erste Maßnahmen wurden unter anderem durch die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für niedrige Einkommen, die Senkung der Umsatzsteuer im Tourismus sowie den Familienbonus Plus bereits gesetzt.

Beate Meinl-Reisinger, Neos:

Ja. Wir wollen endlich ein einfacheres und generationengerechtes Steuer- und Abgabensystem, das dazu führt, dass den Bürgern mehr Geld im Börserl bleibt. Unser Ziel ist eine Abgabenquote unter 40 Prozent. Je niedriger, desto besser.

Peter Pilz, Liste Jetzt:

Österreichs Abgabenquote liegt weit über dem OECD-Schnitt. Vor allem Arbeit wird viel zu hoch besteuert. Dieses Ungleichgewicht muss dringend korrigiert werden. Wir fordern eine spürbare Senkung der Abgabenquote vor allem für niedrige und mittlere Einkommen.

Werner Kogler, Grüne:

Österreich bietet seinen Bürgern und Bürgerinnen sehr viel: von einer guten Ausbildung über eine Gesundheitsversorgung der Weltklasse bis zu einem sicheren Pensionssystem. Das kostet Geld. Wichtiger als eine Senkung der Abgabenquote ist eine Entlastung der Arbeitseinkommen.

2. Für welche Gruppen sollen in der nächsten Legislaturperiode Steuern oder Abgaben gesenkt werden?

Sebastian Kurz, ÖVP:

Wir wollen Arbeitnehmer, Unternehmer, Pensionisten und Landwirte, die mit Steuern und Abgaben zum Erhalt des Systems beitragen, entlasten – unter anderem mit der Senkung der unteren drei Stufen der Lohn- und Einkommensteuer auf 20, 30 beziehungsweise 40 Prozent.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:

Die ersten 1700 Euro pro Monat sollen für alle Österreicher steuerfrei sein. Das bedeutet für Einkommen ab dieser Grenze eine Steuersenkung von rund 1100 Euro pro Jahr. Außerdem soll die Mehrwertsteuer auf Mieten fallen, damit spart sich eine Familie eine ganze Monatsmiete.

Norbert Hofer, FPÖ:

Wir sind für eine steuerliche Entlastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Pensionistinnen und Pensionisten sowie der Unternehmerinnen und Unternehmer durch eine Steuerreform im Ausmaß von rund 8,3 Milliarden Euro (inklusive bereits beschlossener Maßnahmen).

Beate Meinl-Reisinger, Neos:

Unser Konzept sieht eine deutliche Senkung der Lohn- und Einkommensteuer im Ausmaß von mindestens 3,5 Milliarden Euro vor. Zudem wollen wir die Lohnnebenkosten senken und die kalte Progression, also die heimliche Steuererhöhung durch die Hintertüre, abschaffen.

Peter Pilz, Liste Jetzt:

Von einer Steuerreform müssen niedrige und mittlere Einkommen profitieren, vor allem armutsgefährdete Familien und da besonders Alleinerzieherinnen. Wir setzten uns auch für eine Senkung der Lohnnebenkosten und Sozialversicherungsabgaben von Kleinbetrieben ein.

Werner Kogler, Grüne:

Wir streben eine Entlastung der kleinen und mittleren Arbeitseinkommen an, treten für ein Ende der kalten Progression ein. Außerdem profitieren von der ökosozialen Steuerreform und dem Ökobonus (500 Euro pro Jahr) Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen besonders.

3. Sollen im Gegenzug Steuern und Abgaben erhöht werden, und wenn ja, für welche Gruppen?

Sebastian Kurz, ÖVP:

Im Gegensatz zu früheren Steuerreformen wollen wir nicht der rechten Tasche geben, was sich der Staat vorher aus der linken Tasche genommen hat. Wir stehen für eine echte und ehrliche Steuerreduktion ohne Gegenfinanzierung durch neue Steuern.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:

Internationale Konzerne und Millionäre sollen einen gerechten Beitrag leisten: Steuer auf Vermögen und Erbschaften über einer Million, europaweite Mindeststeuer von 25 Prozent für Unternehmen plus Gesamtkonzernsteuer, damit Konzerne dort Steuern zahlen, wo sie Gewinne einfahren.

Norbert Hofer, FPÖ:

Das geplante Entlastungsvolumen soll unter anderem durch Ausgabendisziplin, strengen Budgetvollzug, weitere Einsparungen in der Verwaltung sowie durch mehr Transparenz bei Förderungen und durch mehr Steuergerechtigkeit im Bereich der Digitalwirtschaft erreicht werden.

Beate Meinl-Reisinger, Neos:

Nein. Zur Gegenfinanzierung braucht es Effizienzsteigerungen im System. Laut unserer Benchmarking-Studie sind aktuell 14 Milliarden Euro Einsparungen möglich, indem man sich an den besten Ländern der EU bei Verwaltung, Förderungen und Pensionen orientiert.

Peter Pilz, Liste Jetzt:

Wir sind für eine progressive Erbschaftssteuer mit einem Freibetrag von 500.000 Euro, wollen die Senkung der Körperschaftsteuer für Unternehmen rückgängig machen. Der Umsatz der Internetkonzerne muss durch eine Google-Tax (mit elektronischer Betriebsstätte) besteuert werden.

Werner Kogler, Grüne:

Mit einer ökosozialen Steuerreform wird klimagefährdendes Verhalten teurer werden. Im Übrigen treten wir für eine stärkere Besteuerung international agierender Konzerne und eine stärkere Besteuerung hoher Vermögen ein.

4. Sollen bestimmte Steuern und Abgaben erhöht werden, um Klimaschutzziele zu erreichen, und wenn ja, welche?

Sebastian Kurz, ÖVP:

Nein. Im Sinne der ökosozialen Marktwirtschaft wollen wir Klimaschutzziele nicht durch Steuern oder Verbote erreichen, sondern durch positive Anreize und Innovation. Beispiel: Wer selbst Strom erzeugt und ihn verbraucht, soll dafür keine Steuer mehr zahlen.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:

Wir wollen eine EU-weite, sozial ausgewogene CO2-Steuer und Anreize für Investitionen auf CO2-arme Technologien setzen. Die EU-weite, umweltschädliche und sozial ungerechte Befreiung von Umsatzsteuer und Mineralölsteuer für Flugverkehr und Schifffahrt soll fallen.

Norbert Hofer, FPÖ:

Der Klimawandel ist Realität und nicht wegzuleugnen. Es ist aber nicht rational erklärbar, dass ohne Einbindung der USA oder Chinas eine CO2-Reduktion in Österreich oder Europa etwas daran ändern könnte. Eine sogenannte Luftsteuer auf CO2 lehnen wir deshalb entschieden ab.

Beate Meinl-Reisinger, Neos:

Wir wollen die Einführung einer aufkommensneutralen CO2-Steuer erreichen, die Umweltverschmutzung be- und den Faktor Arbeit gleichzeitig entlastet. Das ist eine Win-win-Situation für Umwelt und Menschen. Wichtig ist dabei, dass die Steuerlast nicht steigt.

Peter Pilz, Liste Jetzt:

Sozial verträglicher Klimaschutz ist möglich. Eine CO2-Steuer belastet umweltschädliche Güter, bringt aber für die unteren zwei Drittel aller Haushalte in Österreich Entlastungen. So funktioniert Klimaschutz. Einfach Steuern auf Benzin und Diesel zu erhöhen, ist keine Lösung.

Werner Kogler, Grüne:

Die Grünen sehen keine CO2-Steuer allein vor. Stattdessen soll umweltfreundliches Verhalten belohnt und umweltzerstörendes bestraft werden. Das heißt unter anderem: Abschaffung des Diesel- und Kerosinprivilegs sowie Belohnung und Förderung von Erneuerbaren, Öffis und Bio. (Gerald John, 20.9.2019)