Der Staat sorgt für die Staatsbahn vor: Rund elf Milliarden Euro gibt .

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Wien – Im Nationalrat sitzen die Milliarden nicht nur für Pensionen und Pflege locker, sondern auch für die Bahn. Heimlich, still und leise wurde Donnerstagabend im Budgetausschuss ein Gesetz durchgewunken, das Verkehrs- und Finanzminister zu budgetären Vorbelastungen in Höhe von 11,024 Milliarden Euro ermächtigt.

Das Geld fließt laut Parlamentskorrespondenz in den nächsten 15 Jahren (2020 bis 2034) in Zugverbindungen und Wagenmaterial der ÖBB-Personenverkehr AG im Nah- und Regionalverkehr ebenso wie in den Fernverkehr (von Wien nach Villach und von Salzburg bis Feldkirch).

Vergeben wird freihändig, also ohne wettbewerbliche Ausschreibung – obwohl die EU-Richtlinie für Öffentliche Dienstleistungen (Public Service Obligation, PSO) solche Direktvergaben mittel- und langfristig verbietet.

Westbahn rebelliert

Heftige Kritik an dem Beschluss kam am Freitag von der Westbahn, dem größten Konkurrenten der ÖBB. Die Abgeordneten seien falsch bzw. unzureichend informiert worden, empörte sich Westbahn-Chef Erich Forster. Das private Bahnunternehmen wird von Hans Peter Haselsteiner und der französischen Staatsbahn kontrolliert.

Forster erklärte, dass Direktvergaben an die ÖBB dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit widersprächen, es müssten vorher Vergleichsangebote von Mitbewerbern eingeholt werden. Überdies sei der Betrag von elf Milliarden um drei Mrd. Euro zu hoch angesetzt, auch wenn man die angekündigte Verdichtung und Verstärkung des Bahnverkehrs einberechnet.

Gerichtsurteil ausständig

Die Eile überrascht, denn die im Vorjahr vom damaligen Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) angekündigte Direktvergabe in der Ostregion wird von Westbahn und Bayerischer Oberlandbahn bekämpft. Die beiden ÖBB-Konkurrenten haben beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) eine Überprüfung beantragt – DER STANDARD berichtete exklusiv. Das Erkenntnis ist ausständig, es wird von den Streitparteien in den nächsten Tagen erwartet.

Die nunmehr 11,024 Milliarden Euro über 15 Jahre sind nicht zu verwechseln mit den Milliarden-Vorbelastungen, die gemäß ÖBB-Rahmenplan für den Bahninfrastrukturausbau jährlich im Bundeshaushalt dotiert werden.

Massive Ausweitung

Was ebenfalls verwundert: Die große Ausweitung der vom Staat bestellten Zugverbindungen wird erst in rund zehn Jahren schlagend, also ab 2029 – wenn Koralmbahnausbau und Semmeringbasistunnel fertig sind.

Bis dahin müsste man mit den bisher gewährten rund 710 Millionen Euro auskommen, die der im Dezember auslaufende Verkehrsdienstevertrag für die Erbringung unwirtschaftlicher Leistungen durch den ÖBB-Personenverkehr vorsah. 2018 bekam die ÖBB-Personenverkehr vom Bund (im Wege der dafür formal zuständigen Schieneninfrastrukturgesellschaft Schig) für 72,3 Millionen Zugkilometer rund 710 Millionen Euro, die um einen "Qualitätsbonus" von bis zu 22,8 Millionen Euro aufgestockt werden konnten. Laut ÖBB-Bilanz 2018 waren es sogar ein paar Millionen mehr für Gemeinwirtschaftliche Leistungen (GWL).

Gerichtsurteil fehlt noch

Dem Gesetzesentwurf stimmte im Ausschuss neben den Ex-Regierungsparteien ÖVP und FPÖ erwartungsgemäß auch die SPÖ zu. Ihre ehemaligen Verkehrsminister Jörg Leichtfried und Alois Stöger waren stets erbitterte Gegner wettbewerblicher Ausschreibungen. Ausständig ist allerdings der Spruch des Bundesverwaltungsgerichts, bei dem Westbahn und Bayerische Oberlandbahn die Direktvergabe angefochten haben.

Stoppt das BVwG die Vergabe, muss das Verkehrsministerium über eine Notvergabe operieren. Vorbereitungen für selbige laufen auf Hochtouren, erfuhr DER STANDARD in ÖBB-Kreisen. Andernfalls drohte eine zugverkehrslose Zeit, was Pendlern und Schülern wohl nicht zumutbar ist. Allerdings könnte dies den Staat teuer kommen. Da eine Rückabwicklung bereits geleisteter Verkehre nicht möglich ist, würde eine Konventionalstrafe in Höhe von bis zu 20 Prozent der bereits abgewickelten Summe fällig. (Luise Ungerboeck, 20.9.2019)