Zwar sind Deutschkursklassen kleiner als herkömmliche Schulklassen, man habe aber die Herausforderung, Lernende aus bildungsfernen Schichten zu unterrichten, Menschen mit Traumata sowie psychischen und sozialen Problemen.

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Wien – Die Deutschlehrenden in der Erwachsenenbildung rufen um Hilfe. Seit Jahren kämpfen sie um bessere Arbeitsbedingungen, "aber es verbessert sich nichts Grundsätzliches", sagt Irene Schmölz, Vorsitzende des Vereins Deutschlehrende in der Erwachsenenbildung (DiE). Die in dem Arbeitsbereich mehrheitlich weiblichen Angestellten hätten "mit Überbelastung und prekären Arbeitsverhältnissen" zu kämpfen, man riskiere die Gesundheit und Altersarmut, heißt es in einem offenen Brief, der an Interessenvertreter, Parlamentarier und Medien geschickt wurde – in der Hoffnung, etwas zum Besseren zu bewegen.

Der Verein DiE weist auch darauf hin, dass in der Branche "in allen aktuellen Ausschreibungen ein abgeschlossenes Hochschulstudium verlangt wird", aber nicht entsprechend bezahlt werde. So würden Lehrende mit viel Berufserfahrung meist nur in jene Gehaltsstufe mit 2.565,72 Euro im Monat fallen – bei Vollzeit. Die meisten seien aber Teilzeitangestellte. Im Schnitt komme man auf 1.600 Euro netto.

Kurze Vertragslaufzeiten

Deutschkursanbieter müssen sich laufend um Verlängerung von Aufträgen oder neue Projekte bewerben, die zum Beispiel das Arbeitsmarktservice (AMS) ausschreibt, daher komme es oft nur zu kurzen Beschäftigungsverhältnissen der Lehrenden bei einem Institut. Nach einem, maximal eineinhalb Jahren werde meist neu ausgeschrieben, oder man müsse abwarten, ob ein Projekt verlängert werde, bestätigt man auch seitens der Institute.

Ihren Arbeitsalltag beschreiben Deutschlehrende so, dass sie 30 Stunden oder mehr pro Woche in den Klassen stehen. Bei 30 Stunden würden zusätzlich vier Stunden Vor- und Nachbereitungszeit bezahlt.

Die Kursleiter fordern eine Anpassung der Gehälter und der Vor- und Nachbereitungszeit an die Arbeitsbedingungen an öffentlichen Schulen. "Ich halte es für völlig ungerechtfertigt, dass der Unterschied zwischen Lehrerinnen und Lehrern an öffentlichen Schulen und uns so groß ist", sagt Schmölz. Zwar sind Deutschkursklassen kleiner, man habe aber die Herausforderung, Lernende aus bildungsfernen Schichten zu unterrichten sowie Menschen mit Traumata und psychischen sowie sozialen Problemen.

"Ich verstehe, dass der Druck enorm ist", sagt Michael Sturm, Vorsitzender der Berufsvereinigung der Arbeitgeber privater Bildungseinrichtungen (Babe) und Geschäftsführer des BFI Österreich, das unter anderem Deutschkurse für Erwachsene anbietet. Man habe eben eine Wettbewerbssituation, anders als in Schulen oder an der Universität.

Keine Sonderbedingungen

Allerdings gelte der Babe-Kollektivvertrag für verschiedene Berufsgruppen, auch für Facharbeiterintensivausbildungen oder den Verwaltungsbereich. Für eine einzelne Gruppe könne es keine Sonderbedingungen geben. Allerdings stehe es jedem Kursanbieter frei, seine Lehrenden höher zu entlohnen als im Kollektivvertrag festgesetzt.

Sturm vermisst eine koordinierte Förderpolitik. Das Problem sei, dass es mit AMS, Integrationsfonds (ÖIF) und Gebietskörperschaften (Länder, Gemeinden) verschiedene Fördergeber für Deutschkurse gebe, die bei ihren Kursausschreibungen je unterschiedliche Regeln und Rahmenbedingungen vorgeben. Zusätzlich sei man "sehr abhängig von der aktuellen Arbeitsmarktpolitik", sagt Sturm. Im Vorjahr brauchte allein das BFI Österreich 200 Deutschlehrende weniger, da der Bund Mittel strich.

Laut AMS gab es 2017 mehr als 44.300 Kursteilnehmer, 2018 sank die Zahl der Kurse und Teilnehmer, heuer wird mit 36.000 Personen gerechnet. Der Beruf der Deutschlehrenden im Bereich der Erwachsenenbildung sei keine Beschäftigung fürs Leben, meint Sturm. Für viele diene er denn auch als Sprungbrett in andere Betätigungsfelder. Beim AMS verweist man in Bezug auf die kurze Projektlänge darauf, dass es gesetzlich vorgeschrieben sei, Projekte stets auszuschreiben. Zu den Bedingungen, die seitens der Ausschreibenden vorgegeben werden, heißt es, Mindestanforderung sei eine "abgeschlossene deutschspezifische staatlich oder nichtstaatlich zertifizierte SprachtrainerInnen(zusatz)ausbildung bzw. SprachkurstrainerInnen(zusatz)ausbildung im Ausmaß von mindestens 100 und weniger als 150 Gesamtstunden". Gebe es Kursleiter mit Hochschulabschluss, bekomme ein Sprachinstitut mehr Punkte für seine Bewerbung um einen Auftrag. (Gudrun Springer, 4.10.2019)