Auch planetare Zwerge könnten flüssiges Wasser und damit auch Leben tragen.
Illustr.: Nasa

Vor etwas mehr als einer Woche verkündeten Wissenschafter vom University College London eine spektakuläre astronomische Entdeckung: Der 110 Lichtjahre entfernte Gesteinsplanet K2-18b kreist nicht nur in der habitablen Zone seines Muttergestirns, seine Atmosphäre enthält überdies auch Wasserdampf. Die mit dem Hubble-Weltraumteleskop erhobenen Spektroskopiedaten weisen damit auf Bedingungen hin, die jenen auf der Erde durchaus ähneln könnten – und doch zeigt der Exoplanet auch markante Unterschiede: K2-18b umkreist einen Roten Zwergstern, der nur halb so groß ist wie unsere Sonne, in äußerst geringem Abstand.

Sehr groß und nah am Feuer

Ein Jahr dauert dort nur 33 Tage. Ob K2-18b also tatsächlich eine lebensfreundliche Welt ist, bleibt weiterhin fraglich, immerhin bedeutet der geringe Abstand, dass der Exoplanet wahrscheinlich eine gebundene Rotation aufweist. Mit anderen Worten: Eine Hemisphäre des Planeten würde immer in Richtung seines Sterns zeigen, die gegenüber liegende dafür in ewiger Finsternis verharren. Darüber hinaus gelten Rote Zwerge als besonders aktiv, was häufige Strahlen- und Teilchenausbrüche zur Folge hat. Für die Entwicklung von Leben sind das nicht gerade optimale Umstände.

Ein weiterer markanter Unterschied zur Erde ist die enorme Größe von K2-18b. Der Exoplanet ist etwa acht Mal so massereich wie unsere Heimat im All und besitzt einen rund doppelt so großen Durchmesser, was ihn zu einer sogenannten Supererde macht. Ob auch das Einfluss auf seine Lebensfreundlichkeit hat, ist noch unklar. Zumindest sorgt die hohe Schwerkraft für eine dichte Atmosphäre.

Wie klein ist zu klein?

Am unteren Ende der Größenskala von Exoplaneten wird es dagegen problematisch, wenn es darum geht, eine halbwegs dichte Gashülle festzuhalten. Aber wie klein ist zu klein, um tatsächlich habitable Bedingungen bereitzustellen? Eine Antwort auf diese Frage haben nun Forscher um Constantin Arnscheidt von der Harvard University in Cambridge (Massachusetts) gefunden. Das Team identifizierte eine Mindestgröße für Exoplaneten, damit diese langfristig flüssiges Wasser auf der Oberfläche besitzen können.

Zumindest von der Größe her wäre der Mars durchaus lebensfreundlich. Auf den Jupitermond Ganymed trifft das dagegen nicht zu.
Illustr.: Harvard SEAS

Der innere Rand der lebensfreundlichen Zone definiert sich aus dem Abstand, den ein Exoplanet zu seinem Stern einnimmt, ohne dass ein galoppierender Treibhauseffekt zum Verdampfen all seines Wassers führt. Wie allerdings Arnscheidt und seine Kollegen im "Astrophysical Journal" berichten, gelten für kleine Exoplaneten mit geringer Gravitation in dieser Hinsicht wohl etwas andere Regeln.

Verdampfte Ozeane

Ein unkontrollierter Treibhauseffekt entsteht, wenn die Atmosphäre eines Planeten mehr Wärme absorbiert als sie wieder zurück ins All abstrahlen kann. Unter solchen Umständen besitzt ein Planet keine ausreichende Kühlung, was dazu führt, dass sich eventuell vorhandene Ozeane allmählich in Dampf auflösen.

Bei kleineren Welten verhält sich dies jedoch etwas anders: Durch die Erwärmung dehnt sich die Atmosphäre relativ zur Planetengröße weiter aus. Diese umfangreicheren Gashüllen besitzen die Fähigkeit, mehr Hitze zu absorbieren bzw. wieder abzugeben als jene größerer Planeten. Dies erlaubt den Zwergen unter den Exoplaneten auch weiter innen in ihrem Sternsystem stabile Temperaturen aufrecht zu erhalten als ihre größeren Geschwister.

Das funktioniert allerdings nur bis zu einer gewissen Mindestgröße, und diese haben die Wissenschafter um Arnscheidt nun erstmals genauer berechnet: All jene Objekte, die weniger als 2,7 Prozent der Erdmasse besitzen, verfügen nicht über genug Schwerkraft, um überhaupt eine Atmosphäre und damit auch flüssiges Oberflächenwasser zu entwickeln. Zum Vergleich: Der Erdmond macht 1,2 Prozent der Erdmasse aus, der Merkur 5,53 Prozent.

Die Jupitertrabanten Ganymed (im Bild) Europa und Callisto könnten zwar in einem möglichen Ozean unter ihren Eispanzern Leben beherbergen. Für eine Atmosphäre und Oberflächenwasser sind sie allerdings zu klein.
Illustr.: Nasa/Esa

Rätsel um Jupitermonde gelöst

Auf Basis dieser Daten gelang es den Forschern letztlich auch, eine vieldiskutierte Frage zu unserem eigenen Sonnensystems zu klären: Könnten die Jupitermonde Europa, Ganymed und Callisto grundsätzlich lebensfreundlicher sein, wenn sie mehr Energie von der Sonne erhalten würden? Die Antwort lautet demnach Nein. Nach den Berechnungen der Wissenschafter seien diese Monde nicht groß genug, um flüssiges Wasser zu halten – selbst wenn sie sich näher an der Sonne befänden.

"Wasserwelten mit geringer Masse sind bei der Suche nach Leben im All eine faszinierende Möglichkeit. Unsere Arbeit zeigt, wie sehr sich ihre Bedingungen von jenen erdähnlicher Planeten unterscheiden dürften", sagt Robin Wordsworth, Koauthor der Studie. "Sobald die Beobachtung solcher kleinen Objekte einmal möglich wird, werden wir auch unsere Vorhersagen direkt überprüfen können." (tberg, 20.9.2019)