IAAF-Präsident Sebastian Coe betonte: "Wir machen keine Deals in unserem Sport.

Foto: APA/AFP/FABRICE COFFRINI

Wien/Doha – Russlands Leichtathleten dürfen bei der anstehenden WM in Doha auf einen Start unter eigener Fahne hoffen. Der Weltverband IAAF könnte am Montag den Weg für eine Aufhebung der Sperre wegen des russischen Doping-Skandals frei machen.

IAAF-Präsident Sebastian Coe betonte vor der Council-Sitzung im Interview des britischen Senders BBC aber auch: "Wir machen keine Deals in unserem Sport. Wir haben Kriterien. Für mich war diese Philosophie einfach und wichtig." Die IAAF müsse wissen, dass der russische Verband "fit und in Form ist, um wieder eigene Verantwortung übernehmen zu können".

29 Sportler nominiert

Das IAAF-Council hatte zuletzt im Juni die Suspendierung der Russen nicht aufgehoben. Ein Grund: Nach dem aufgedeckten systematischen Doping in etlichen Sportarten über viele Jahre sollen gesperrte Leichtathletik-Trainer angeblich weiter Athleten betreuen. Zudem ist die Auswertung Tausender Doping-Daten und -Proben aus dem Moskauer Analyselabor, die nachträglich Aufschluss über Vergehen von Athleten geben können, nicht beendet.

Für die WM vom 27. September bis zum 6. Oktober in Katar hat der russische Verband RUSAF nur 29 Sportler nominiert, obwohl die IAAF rund 130 Athleten die Genehmigung für internationale Starts in diesem Jahr erteilte. Bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio sowie den danach folgenden Welt- und Europameisterschaften durfte das Land nur unter neutraler Flagge und mit von der IAAF geprüften einzelnen Athleten antreten.

Letzte Sportorganisation

Die IAAF ist die letzte internationale Sportorganisation, die den im November 2015 verfügten Bann Russlands noch nicht aufgehoben hat. Das Internationale Olympische Komitee hatte die Sperre Russlands bereits im Februar 2018 nach den Winterspielen in Pyeongchang wieder zurückgenommen. Die Welt-Anti-Doping-Agentur begnadigte das Land – trotz weltweiter Proteste – sieben Monate später, obwohl nicht alle Bedingungen erfüllt worden waren, und verfügte die Wiederzulassung der Anti-Doping-Agentur des Landes. Daraufhin hob auch das Internationale Paralympische Komitee im Februar 2019 die Sperre auf.

"Die IAAF ist das letzte Bollwerk und orientiert sich an den selbst definierten Kriterien für die Wiederaufnahme", sagte der frühere deutsche Verbandschef Clemens Prokop. Es sei aber inzwischen viel geschehen und erreicht worden. "Ich denke, dass in absehbarer Zeit Russland von der IAAF wieder zugelassen wird." Sportpolitisch halte er eine vollständige Rückkehr der Sportgroßmacht für wichtig: "Wenn wir von Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen sprechen und man die weltbesten Sportler haben will, ist Russland ein wichtiger Teil."

Bach diplomatisch

Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, ist immer gegen einen Kollektivausschluss und für eine schnelle Rückkehr Russlands in den Weltsport eingetreten – was zu Spannungen zwischen IOC und IAAF führte. "Jeder Verband muss seine Entscheidung nach seinen Gegebenheiten treffen", sagte der Deutsche deshalb diplomatisch. "Das hat die Leichtathletik getan, weil sie auch von dieser Manipulation des Anti-Doping Systems am meisten betroffen war. Daher hat sie diesen Weg eingeschlagen, um für einen fairen Wettbewerb zu sorgen."

Zweifel

Die Russische Antidoping-Agentur RUSADA zweifelt daran, dass russische Leichtathleten bei der WM in Doha unter eigener Fahne an den Start gehen dürfen. "Ich habe Informationen, die ich nicht offenlegen kann. Sie zeigen, dass der russische Leichtathletik-Verband nicht wieder zugelassen wird", sagte RUSADA-Chef Juri Ganus der Agentur Tass am Freitag.

Nach Angaben von Ganus ist auch der Fall um den Hochspringer Danil Lyssenko ausschlaggebend bei der Entscheidung. Lyssenko war ein Top-Favorit im Hochsprung, verlor aber wegen Verletzung der Anti-Doping-Regeln sein Startrecht als neutraler Athlet im Jahr 2018. Damals soll er die Dopingtester nicht über seine täglichen Aufenthaltsorte für mögliche Tests in der Trainingsphase informiert haben.

Am Montag will der Weltverband IAAF über eine Aufhebung der Sperre Russlands beraten. (APA/dpa, 20.9.2019)