Wien/St. Pölten – FPÖ-Obmann Norbert Hofer hat erstmals sein Durchgriffsrecht genutzt, um überraschend den niederösterreichischen Klubobmann Martin Huber wegen "Gefahr im Verzug" zu suspendieren. In einer knappen Presseaussendung schreibt die FPÖ, dass ihr "von Medien" ein Posting Hubers zugespielt wurde. Huber schrieb vor fünf Jahren am 20.4., dem Geburtstag Adolf Hitlers: "Herzlichen Glückwunsch an jene die heute Geburtstag haben." Laut FPÖ versandte Huber an keinem anderen Tag derartige Glückwünsche. Das Posting war Sonntagmittag allerdings noch immer online.

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Bei den Medien, die am Freitag bei der FPÖ angefragt haben, handelt es sich um STANDARD und NÖN, die parallel nach einem Hinweis recherchiert haben. Neben dem Glückwunsch an Hitler wurde in der Anfrage auch ein weiteres Facebook-Like Hubers thematisiert. Dieser hatte nämlich auf Facebook ein Foto-Album mit "Gefällt Mir" unterstützt, in dem Handwerksarbeiten mit klar rechtsextremen Symbolen zu sehen war – etwa deutlich die von der SS benutzte "Schwarze Sonne".

Am 20. April 2014 gratulierte der niederösterreichischen FPÖ-Klubobmann Martin Huber "jenen, die heute Geburtstag haben".
Foto: Screenshot

Unter den Likes fanden sich auch weitere freiheitliche Gemeinderäte, aber auch ÖVP-Politiker, beispielsweise ein JVP-Vorstand aus Oberösterreich. Dieser ist beruflich als Polizist tätig. Er gab auf Anfrage des STANDARD an, die "Schwarze Sonne" nicht gekannt zu haben. Ein anderer ÖVP-Gemeinderat kommentierte das Foto eines Tisches, in den die Schwarze Sonne eingearbeitet wurde, mit "Cooles Teil!". Fraglich ist, ob es bezüglich der Facebook-Aktivitäten der anderen Funktionäre auch zu Konsequenzen kommen wird.

FPÖ-Chef Norbert Hofer hatte sich am Parteitag vergangenes Wochenende ein "Durchgriffsrecht" ausbedungen, um schneller auf die dutzenden blauen "Einzelfälle" reagieren zu können, die auch als Hürde für eine Fortsetzung der türkis-blauen Koalition gelten. Als erster betroffen davon ist nun Huber. Die ausgesprochene Suspendierung kommt einem Ausschluss aus der Partei gleich. Die Entscheidung gelte seit Samstag, 16.00 Uhr, und werde "noch heuer" durch die Bundesparteileitung "formal abgesegnet", so Hofer.

Huber will Entscheidung vorerst nicht bekämpfen

In einer ersten Stellungnahme bestreitet der Landespolitiker im STANDARD-Gespräch, dass man aus dem Geburtstagsposting auf rechtsextreme Gesinnung schließen könne. "Das ist fünf Jahre her und war an einem Ostersonntag. Ich habe vielen Leuten auf Facebook gratuliert, an dem Tag halt vielleicht nicht allen einzeln", sagt Huber. Warum er gerade an Hitlers Geburtstag ein Pauschalposting absetze? "An dem Tag haben viele Geburtstag, zum Beispiel auch der Adolf Schärf. Vielleicht wollte ich nicht jedem einzeln gratulieren."

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Wie er auf seine parteiinterne Suspendierung reagieren werde, kann der Klubobmann am Samstagabend noch nicht sagen. "Es ist noch ganz frisch. Aber ich bin seit Jahren in der Freiheitlichen Partei und folge der Entscheidung des Obmanns", schließt er einen Einspruch vorerst aus. Man müsse auch die Sitzungen der entsprechenden Gremien abwarten.

Blaue Karriere in Niederösterreich

Der aus der Mostviertler Gemeinde Blindenmarkt stammende FPÖ-Politiker mischt seit 2004 in der Landespolitik mit. Von 2004 bis 2013 war er Landesgeschäftsführer der Freiheitlichen unter der Enns. Seit 10. April 2008 sitzt er als Abgeordneter im niederösterreichischen Landtag. Knapp zehn Jahre später, am 1. März 2018, folgte er Gottfried Waldhäusl, der Landesrat wurde, als Klubobmann.

Seit Herbst 2018 allerdings in einer Doppelspitze. Denn nachdem das strafrechtliche Verfahren in der Liederbuch-Affäre gegen Udo Landbauer eingestellt worden war, kehrte dieser als geschäftsführender Klubobmann in die Politik zurück. Nicht zur Begeisterung aller: Besonders FPÖ-Politiker aus Hubers heimatlichem Mostviertel sahen die Entscheidung als Degradierung Hubers.

Eine Reaktion auf Hubers Suspendierung kam auch von der FPÖ Niederösterreich: In einer Presseaussendung zeigte sich Landesparteisekretär Michael Schnedlitz auf einer Linie mit Hofer. "Huber hat vor mehreren Jahren einen Fehler begangen, der nun bekannt wurde. Die erste Konsequenz daraus ist eine Suspendierung, die von Bundesparteiobmann Norbert Hofer verfügt wurde. Die Entscheidung von Norbert Hofer ist zu akzeptieren. Er wurde am Bundesparteitag von über 800 Delegierten einstimmig mit jenem Rechtsinstrument ausgestattet, von dem er nun Gebrauch macht", wird Schnedlitz zitiert.

Volkspartei fordert Konsequenzen

Die niederösterreichische Volkspartei nahm die FPÖ unterdessen in die Pflicht. Diese müsse "jetzt auch dafür Sorge tragen, dass Martin Huber auch kein politisches Mandat mehr ausübt – sowohl im NÖ Landtag als auch im Gemeinderat", teilte Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner der Austria Presse Agentur in einer schriftlichen Stellungnahme mit. Klar sei, dass "mit aller Konsequenz gegen all jene vorgegangen werden muss, die sich mit faschistischen oder neonazistischen Äußerungen selbst für jedwede Position in unserem Land disqualifizieren", befand Ebner.

Die SPÖ Niederösterreich will dagegen auch eine Reaktion von der Volkspartei. In einer Aussendung verlangte Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Konsequenzen aus den FPÖ-"Einzelfällen" zu ziehen oder "zu sagen, das ist uns egal – Hauptsache wir bleiben gemeinsam mit der FPÖ an der Macht!" Die Neos gaben sich nicht überrascht: bei der FPÖ sei ein solches Vorgehen "trauriger Alltag". (fsc, moe, red, 21.9.2019)