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Am Montag wurde Pawel Ustinow zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, am Freitag kam er unter Meldeauflagen frei.

Foto: REUTERS/Evgenia Novozhenina

Der Prozess gegen Pawel Ustinow hat seinen Platz im Kuriositätenkabinett der an Absurditäten reichen russischen Justiz sicher: Am Montag wurde der Schauspieler zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt – wegen Beteiligung an Massenunruhen, Widerstands gegen die Staatsgewalt und lebensgefährlicher Körperverletzung eines Polizisten bei den Moskauer Sommerdemos. Nun ist er wieder auf freiem Fuß.

Massive Proteste der Öffentlichkeit, an denen sich auch viele Kollegen Ustinows beteiligt hatten, weichten die harte Position der Staatsanwaltschaft überraschend schnell auf. Am Freitag wurde der 24-Jährige unter Meldeauflagen aus der Haft entlassen – auf Antrag des Staatsanwalts, der Tage zuvor noch sechs Jahre Freiheitsentzug gefordert hatte. Ustinow bedankte sich in einer kurzen Videobotschaft bei allen Menschen, die ihn unterstützt hatten.

Polizeigewalt

Ein Video war es auch, das den Stein überhaupt ins Rollen brachte: Es zeigt die Festnahme Ustinows. Gewalt ist darauf nur vonseiten der Polizei zu sehen. In der ersten Verhandlung hatte der Richter es ignoriert, die russische Zivilgesellschaft jedoch ignorierte den Clip nicht und hat mit ihrem lauten Aufschrei nun wohl eine Änderung des Urteils bewirkt. Am Donnerstag ist das Berufungsverfahren, doch rechnen Experten maximal mit einer Geldstrafe.

Es ist bereits der zweite Fall in diesem Sommer, in dem die Behörden zum Rückzieher gezwungen sind. Beim ersten Mal versuchten korrupte Polizisten, dem Investigativjournalisten Iwan Golunow Drogen unterzujubeln, um ihn mundtot zu machen.

Sollte die Strafverfolgung gegen Demonstranten zunächst die Härte des Kremls gegen jeglichen Protest demonstrieren, so gibt es Indizien dafür, dass die Obrigkeit auf die Bremse tritt, um nicht weitere Proteste zu provozieren. (André Ballin aus Moskau, 22.9.2019)