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Der Klimawandel untergräbt den langfristigen Kampf der Weltgemeinschaft gegen Armut und Hunger, warnt die UNO.
Foto: Reuters / Siphiwe Sibeko

An eindringlichen Worten mangelt es bei den Vereinten Nationen nicht, wenn es um den Klimawandel geht. Der Generalsekretär der UN, António Guterres, beschwört die "Schlacht unseres Lebens", in der die Menschen der Erderwärmung gegenüberstehen. "Der Klimawandel", so warnt Guterres, "läuft schneller als wir." Einen Schub in diesem epochalen Kampf erhofft sich Guterres am Montag. In New York sollen laut UN-Planungen etliche Staats- und Regierungschefs zu einem Klimagipfel zusammentreffen.

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Der UN-Generalsekretär mahnt die Teilnehmer, "mit mutigen und realistischen Plänen zu kommen". So steht es in einem Brief des Generalsekretärs an die 20 führenden Wirtschaftsmächte, die G20. Die Staatenlenker sollen im UN-Hauptquartier konkret klarmachen, wie schnell und wie radikal sie den Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase senken wollen. Ausgerechnet der Präsident des Staates mit dem größten Ausstoß der Treibhausgase, Donald Trump aus den USA, wird sich wohl auf dem Gipfel nicht blicken lassen.

Immer mehr Menschen leiden

Während die anderen Politiker sich auf ihren Auftritt vorbereiten, schreitet der Klimawandel immer weiter voran. Die Periode von 2015 bis 2019 wird laut der Weltwetterorganisation als der heißeste Fünfjahreszeitraum, der jemals gemessen wurde, in die Geschichte eingehen. In keinem Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen brannte die Sonne stärker auf die nördliche Halbkugel als in diesem Jahr. Und immer mehr Menschen leiden unter dem Klimawandel und seinen verheerenden Folgen. Am stärksten betroffen sind die Menschen in den armen Ländern des Südens. "Sie haben wenig zu der Klimakrise beigetragen, sie sind aber oft die ersten Opfer", betont der UN-Generalsekretär. "Sie leben an den Frontlinien der globalen Klimakrise." Der Weltrisikoindex stuft Afrika als den Kontinent mit der höchsten "gesellschaftlichen Verwundbarkeit" durch Naturkatastrophen ein, dahinter folgen Asien und die Amerikas. Europa hingegen sei "der Kontinent mit dem niedrigsten Katastrophenrisiko weltweit".

Große Gebiete im Süden zerstört

Dass der Süden besonders viel durchmachen muss, zeigte sich in den ersten sechs Monaten 2019. Stürme und Fluten verheerten große Gebiete in diesen Staaten: Indien, Bangladesch, Philippinen, Iran, Äthiopien, Mosambik, Malawi, Simbabwe, Madagaskar und Bolivien. Viele der Unwetter lassen sich auf die Erderwärmung zurückführen – das bestätigen Fachleute der Weltwetterorganisation.

Sieben Millionen Menschen mussten im ersten Halbjahr 2019 vor den Gewalten der Natur fliehen. Niemals waren es nach Angaben des Genfer Beobachtungszentrums für Vertreibungen mehr. Das Beobachtungszentrum befürchtet sogar, dass die Zahl der Umweltflüchtlinge bis zum Jahresende auf 22 Millionen steigen werde. Nach bisherigen Trends steigern sich die Unwetter jeweils in der zweiten Jahreshälfte. "Massenflucht vor extremen Wettersituationen wird die Norm", erklärt Alexandra Bilak, die Direktorin des Zentrums.

Zahl der Umweltopfer steigt

Zudem wird sich nach Prognosen des Roten Kreuzes die Zahl der Umweltopfer verdoppeln, die nur mit humanitärer Hilfe überleben können. Heute sind schon 108 Millionen Menschen, die von Stürmen, Dürren und Fluten heimgesucht wurden, auf Lebensmittellieferungen und andere Unterstützungen angewiesen. Zur Mitte des Jahrhunderts könnten schon mehr als 200 Millionen Kinder, Frauen und Männer zu Bittstellern für humanitäre Hilfe werden. Dieses "eskalierende Leiden" werde zu "immer größeren humanitären Kosten" führen, warnt der Präsident der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften, Francesco Rocca.

Schon seit Jahren wächst der globale Bedarf an humanitärer Hilfe schneller als die Zuwendungen der wohlhabenden Geberländer und anderer Spender. Für Ende 2018 bezifferten die UN das Minus bei der humanitären Hilfe auf über zehn Milliarden US-Dollar.

"Die Lage ist trist"

Der Klimawandel untergräbt auch den langfristigen Kampf der Weltgemeinschaft gegen Armut und Hunger – das bestätigt der Politikchef der UN-Abteilung für Wirtschaft und Soziales, Shantanu Mukherjee. "Die Lage ist trist", sagte er bei der Präsentation eines Berichtes über die nachhaltigen Entwicklungsziele der UN. Die Weltgemeinschaft soll die Vorgaben aus dem Jahr 2015 bis zum Jahr 2030 erreichen.

Am Dienstag und Mittwoch nächster Woche wollen die UN auf einer Konferenz in New York eine Zwischenbilanz ziehen. Zumal die ersten beiden Ziele, die Beendigung der Armut und die Beendigung des Hungers, drohen, verpasst zu werden. Auch aufgrund der Erderwärmung. So vernichten etwa Feuersbrünste, Trockenheit, Stürme und Überschwemmungen die ökonomischen Lebensgrundlagen vieler Erdenbewohner.

Auch deshalb steigt seit Mitte des laufenden Jahrzehnts die Zahl der hungernden Menschen wieder an: Mehr als 820 Millionen Kinder, Frauen und Männer sind es. Auch diese Menschen fristen ihr Dasein vor allem in südlichen Ländern. (Jan Dirk Herbermann, 23.9.2019)