Hofer würde von einer Mehrheit in der Regierung akzeptiert, Kickl nicht

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Linz – Historische Verdienste? Fehlanzeige. Nur acht Prozent der österreichischen Wahlberechtigten sagen in einer aktuellen Market-Umfrage für den STANDARD, dass die Freiheitliche Partei große historische Verdienste habe. 68 Prozent bestreiten solche. Selbst unter den bekennenden FPÖ-Wählern sagen nur 27 Prozent, ihre präferierte Partei habe sich historische Verdienste erworben, 35 Prozent der FPÖ-Anhänger sagen, ihre Partei habe keine historischen Verdienste, und der Rest hat dazu keine Meinung.

Damit steht die Einschätzung der FPÖ in schärfstem Kontrast zur Einschätzung der SPÖ, bei der immerhin 65 Prozent der Bevölkerung deren historische Verdienste anerkennen.

Auf der anderen Seite gibt es keine Partei, bei der in so hohem Maße gesehen wird, dass ihre Politiker vielfach in Skandale verwickelt waren. Das sagen 74 Prozent, sogar 47 Prozent der FPÖ-Wähler räumen das ein. Market-Institutsleiter David Pfarrhofer weist auf eine vergleichbare Untersuchung vor Ibiza-Gate hin: "Schon im Februar dieses Jahres, da war noch Heinz-Christian Strache Parteichef und Ibiza eine politisch unbelastete spanische Insel, haben 63 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher gesagt, dass freiheitliche Politiker oft in Skandale verwickelt waren."

Apropos Strache: Bei der Vergleichsumfrage im Februar stimmten 46 Prozent voll und ganz (auf einer fünfteiligen Skala) der Aussage zu, dass Strache gut zur Wählerschaft der FPÖ passe – von Hofer sagen das nur 30 Prozent.

Auch sonst liegt Hofer in der allgemeinen Einschätzung ähnlich wie Strache: Derzeit sagen 28 Prozent, Hofer sei "die beste Wahl für die FPÖ", von Strache sagten das 24 Prozent. Nicht mehr als 24 Prozent stimmen auch nach dem für Hofer erfolgreichen Parteitag vom vorvorigen Wochenende voll und ganz der Einschätzung zu, dass die FPÖ geeint hinter Hofer stehe – im Februar sahen 28 Prozent die Freiheitlichen vollkommen hinter Strache geeint.

Wer Spaltung befürchtet

54 Prozent der Befragten teilen die Meinung, dass eine Beteiligung der Freiheitlichen an der Bundesregierung die österreichische Gesellschaft spalten würde – nur 29 Prozent halten das für nicht richtig. Auch hier lohnt ein Blick auf die Einschätzung unterschiedlich positionierter Wähler: Nur bei den Freiheitlichen gibt es eine Mehrheit, die nicht von einer spaltenden Wirkung ihrer Partei ausgeht – am stärksten von einer Spaltung der Gesellschaft durch freiheitliches Mitregieren überzeugt sind sozialdemokratische Wähler und Grüne, in der ÖVP-Wählerschaft vermutet eine relative Mehrheit eine Spaltung durch die FPÖ, nur unter Anhängern der Freiheitlichen ist eine deutliche Mehrheit der Meinung, dass dahingehend nichts zu befürchten sei.

Ganz ähnlich ist das Muster, wenn gefragt wird, wie sich eine Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen auf das Ansehen Österreichs im Ausland auswirken würde.

Es ist in diesem Zusammenhang sinnvoll, die erste Tabelle der Aussagen auch umgekehrt zu lesen bzw. zu sortieren – und jene Aussagen zu beleuchten, die von den Befragten ausdrücklich als unzutreffend bezeichnet werden: 73 Prozent lehnen die Aussage ab, dass sie ohne FPÖ-Regierungsbeteiligung persönlich schlechter dastünden. (Von den FP-Wählern erwartet allerdings jeder Dritte Nachteile, wenn seine Partei nicht in der Regierung vertreten ist.)

Ebenfalls rund sieben von zehn Befragten lehnen die Aussage ab, dass die Freiheitlichen "für Anstand in der Politik" stünden oder dass die Freiheitlichen "in Menschenrechtsfragen besonders sensibel agieren". Wie bei der Präsentation der anderen Parteiprofile im STANDARD berichtet, wird vor allem den Grünen (von 59 Prozent) und der SPÖ (39 Prozent) Sensibilität in Sachen Menschenrechte zugebilligt. Bei der FPÖ liegt der positive Wert bei zwölf Prozent.

Die FPÖ und der Anstand

Da Menschenrechte häufig am Umgang mit Minderheiten aus dem Ausland in Erinnerung gerufen werden, ließ Market die Befragten auch die Aussage einschätzen, "die Freiheitlichen haben eine anständige Haltung in der Ausländerpolitik". Dem stimmen nur 30 Prozent der Befragten zu, was Pfarrhofer so kommentiert: "Fast neun von zehn Freiheitlichen halten die freiheitliche Ausländerpolitik für anständig. Das Verständnis, was Anstand ist, ist eben ungleich unter den verschiedenen Wählergruppen verteilt."

Sechs von zehn FPÖ-Wählern empfehlen ihrer Partei auch, sich auf die Ausländerpolitik zu konzentrieren. Die Wähler der Freiheitlichen glauben auch mit großer (nämlich 80-prozentiger) Mehrheit, dass die FPÖ für eine gerechtere Gesellschaft stünde – der große Rest der Wahlberechtigten glaubt das nicht, 58 Prozent halten die Meinung für falsch.

DER STANDARD ließ auch fragen: "Hat sich die FPÖ unter Hofer ausreichend vom rechten Rand abgegrenzt oder nicht?"

Mehr als die Hälfte der Befragten glaubt das entweder eher nicht (26 Prozent) oder gar nicht (31 Prozent). Dass das "auf jeden Fall" gelungen sei, sagen acht Prozent (aber jeder dritte Freiheitliche), 21 Prozent sagen "eher schon" – der Rest hat keine Meinung dazu.

Ablehnung für Kickl

Und noch eine Frage zur freiheitlichen Mannschaft: Gefragt wurde in der September-Umfrage auch: "Sie sehen nun verschiedene Personen aus der österreichischen Innenpolitik. Bei welcher dieser Personen würden Sie sagen: Diese Person sollte keinesfalls ein Regierungsamt bekommen?"

Die stärkste Ablehnung kassiert Heinz-Christian Strache mit 67 Prozent – nur bei den FPÖ-Wählern sinkt die Ablehnung auf 22 Prozent. Ähnlich ist es bei Herbert Kickl – 58 Prozent der Wahlberechtigten, aber nur acht Prozent der FPÖ-Wähler wollen ihn nicht in der Regierung. Norbert Hofer wollen nur 31 Prozent der Befragten keinesfalls in der Regierung haben. (Conrad Seidl, 23.9.2019)