
Die 60-Stunden-Woche war im Vorjahr ein großer Aufreger.
Wien – Gut ein Jahr nach der umstrittenen Flexibilisierung der Arbeitszeit unter Türkis-Blau und dem damit verbundenen Zwölfstundentag zeigt sich die Wirtschaftskammer zufrieden mit den bisherigen Erfahrungen. Die Arbeitszeiten in den Betrieben hätten sich praktisch nicht verändert, dafür sei die bisher schon gelebte Praxis in vielen Unternehmen legalisiert worden.
Die massiven Proteste von Arbeiterkammer und Gewerkschaft seien "ein Sturm im Wasserglas" gewesen, erklärte Kammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf am Montag vor Journalisten. Das zeige sich auch daran, dass das Sozialministerium bei 3,5 Millionen Beschäftigungsverhältnissen in einem Jahr lediglich 17 Arbeitsfälle beanstandet habe, ergänzte der neue Leiter der Sozialpolitik in der WKO, Rolf Gleißner.
Rücksicht bei Arbeitseinteilung
Kopf stützt sich bei seinem Befund auf eine von Market-Umfrage unter 1.000 Arbeitnehmern und 500 Arbeitgebern. Im Vergleich zu einer Befragung vor einem Jahr seien kaum Veränderungen festgestellt worden. So sind laut diesen Daten wie im Vorjahr 87 Prozent der Arbeitnehmer mit ihrer Arbeitszeit zufrieden oder sehr zufrieden. Und weiterhin finden knapp 70 Prozent der befragten unselbstständig Beschäftigten, dass ihre Wünsche bei der Arbeitseinteilung meistens oder fast immer erfüllt würden.
Bei den Arbeitgebern gibt es zarte Hinweise, dass länger gearbeitet wird. So sagen sieben Prozent der Unternehmen, dass die Arbeitszeit häufiger mehr als zehn Stunden betrage. Dieser Punkt wurde im Vorjahr nicht abgefragt, weshalb es keinen Vergleichswert gibt.
Divergierende Ergebnisse
Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu einer Untersuchung der Beratungsgruppe Deloitte gemeinsam mit den Universitäten Wien und Graz. Demnach wird die Möglichkeit des Zwölfstundentags in Verbindung mit Gleitzeit bereits von 30 Prozent der Unternehmen genutzt. Gleißner meint dazu, dass es sich dabei nur um Betriebsvereinbarungen handle, mit denen man sich die Option offenhalte, nicht um tatsächlich praktizierte Zwölfstundentage.
Kopf betonte, dass nicht nur Arbeitgeber wegen größerer Flexibilität bei Auftragsspitzen und in Form der Entkriminalisierung von der neuen Regelung profitierten, sondern auch Arbeitnehmer, weil sie häufiger zu längeren Freizeitblöcken gelangten. Ein Recht auf eine Viertagewoche lehnt er dennoch ab. "Es gibt auch am Freitag Kundenwünsche, die zu erfüllen sind", sagte der Generalsekretär der Kammer. (as, 23.9.2019)