Katharina Kacerovsky (erste Reihe, Dritte von links) bei der Pride-Parade im niederösterreichischen Himberg. Neben ihr (von links): Hosi-Wien-Obmann Moritz Yvon und Moderatorin Candy Licious.

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Bilbao/Belgrad/Wien – Die lauten und bunten Pride-Paraden der Lesben, Schwulen und Angehörigen weiterer sexueller Minderheiten machen weltweit öffentlich auf einen bis vor wenigen Jahrzehnten geächteten Lebensstil aufmerksam. Als solche sind sie hochpolitisch: In vielen Ländern wird jede Manifestation sexueller Abweichung, sei es gleichgeschlechtliche Liebe, Trans- oder Intersexualität, schwer bestraft. In anderen müssen Pride-Parade-Teilnehmer mit gewalttätigen Angriffen rechnen.

Politik kommt zuerst

Letzteres war bis vor kurzem in Serbien der Fall. Trotzdem – oder, besser gesagt: deshalb – habe sich die European Pride Organisers Association (Epoa) am Samstag bei einem Treffen im spanischen Bilbao für die serbische Hauptstadt Belgrad als Austragungsort der Europride 2022 entschieden, sagt Katharina Kacerovsky, Geschäftsführerin der Stonewall GmbH, die im Auftrag der Homosexuellen-Initiative (Hosi) Wien die Wiener Pride-Paraden organisiert.

Europrides sind Paraden auf paneuropäischer Ebene und finden alljährlich statt, 2020 wird sie in Thessaloniki stattfinden. Die Europride 2019 in Wien zog hunderttausende Besucherinnen und Besucher an. Die Vorbereitung einer Europride dauert jeweils drei Jahre.

Europride in Belgrad als Signal

"Um den Zuschlag für eine Europride zu erhalten, muss eine Stadt ein Konzept darlegen, dass sie technisch imstande ist, die Parade auszurichten", sagt Kacerovsky. Noch wichtiger jedoch sei der politische Konnex. In Belgrad sei die diesjährige Pride trotz Bedrohungen durch Gruppen rechtsextremer Schläger ein großer Erfolg geworden. Die Europride 2022 werde hier ein weiteres Signal setzen.

Politisch mitbegründet war auch eine weitere am Samstag in Bilbao getroffene Entscheidung: Kacerovsky wurde in den Vorstand von Epoa gewählt. Neben der von der 39-Jährigen organisierten, höchst erfolgreichen Wiener Europride spielte hier auch ein Vorstoß der FPÖ eine Rolle – der vergangenen Donnerstag von FPÖ-Chef Norbert Hofer und Freunden im Nationalrat eingebrachte Antrag, die Ehe für alle in Österreich wieder abzuschaffen.

FPÖ gegen Verfassungsgerichtshofs-Spruch

Die Öffnung der Ehe sei grundlos erfolgt, heißt es in dem Antrag. Im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch stehe auch nach Umsetzung des Verfassungsgerichtshof-Spruchs, der die Ehe für alle begründete, dass es bei dieser Verbindung von zwei Personen um das Zeugen von Kindern gehe. Das jedoch sei Männer- und Frauenpaaren nicht möglich – also sei der ursprüngliche Gesetzestext wiedereinzuführen.

Behandeln wird der Nationalrat den FPÖ-Antrag in der endenden Legislaturperiode nicht mehr. Dennoch habe der "Umstand, dass eine Partei, die vielleicht bald wieder in der Bundesregierung sitzt, einen Höchstgerichtsentscheid rechtlich aushebeln will", unter den Epoa-Partnerorganisationen für Befremden gesorgt. Österreich bleibe sozusagen unter Beobachtung, sagt Kacerovsky. (Irene Brickner, 23.9.2019)