Man kann die Geschichte so erzählen: Ein amerikanischer Präsident, der mithilfe einer fremden Macht gesiegt hat, fordert von einem ausländischen Staatschef eine Untersuchung der Aktivitäten seines stärksten Herausforderers und dessen Sohnes, obwohl eine frühere Prüfung nichts ergeben hat. Als Drohung stoppt er vorübergehend 250 Millionen Dollar Militärhilfe. Als ein interner Whistleblower dies meldet, hält seine Regierung dem Kongress illegalerweise die Informationen vor.

Joe Biden wirft Donald Trump Machtmissbrauch vor.
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Oder so: Der US-Präsident telefoniert mit dem neuen Staatschef eines für seine Korruption bekannten Landes und drängt ihn zu einem harten Vorgehen – auch in Fällen, die sein eigenes Land betreffen. Dass ein politischer Rivale darin verwickelt ist, ändert nichts an der Rechtmäßigkeit seines Vorgehens. Alles perfekt.

Für die Gegner von Donald Trump – und diese stellen die Mehrheit der Amerikaner – ist die Intrige gegen Joe Biden und dessen Sohn Hunter der letzte Beweis dafür, dass der Mann im Weißen Haus vor keinem Machtmissbrauch zurückschreckt. Für seine Anhänger ist die aufgeregte Berichterstattung bloß die Fortsetzung einer Hexenjagd.

Die Affäre könnte vor allem Biden schaden und ihn die Nominierung der Demokraten kosten. Aber abseits von Trumps harter Basis verstärkt sich doch bei vielen Amerikanern der Eindruck, dass der Präsident die Demokratie gefährdet. Und das ist für Trump keine gute Entwicklung. (Eric Frey, 23.9.2019)