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Welche Temperatur als angenehm empfunden wird, hängt auch mit den Lichtverhältnissen zusammen, sagen Forscher.

Foto: Reuters/Phil Noble

Eine angenehme Temperatur in Innenräumen zu erzeugen, braucht viel Energie. Wissenschafter der Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne weisen auf Einsparungspotenzial hin: Tageslicht verändert das subjektive Wärmeempfinden.

Objektiv sind 19 Grad Celsius gleich 19 Grad Celsius. Wird ein Raum mit dieser Temperatur jedoch von Tageslicht durchflutet, empfinden ihn Personen als wärmer als wenn nur wenig natürliches Licht einfällt. Das berichten Forscher um Giorgia Chinazzo von der ETH Lausanne im Fachblatt "Scientific Reports".

Wie die Helligkeit in Innenräumen das subjektives Wärmeempfinden beeinflusst, wurde bisher nur für elektrisches Licht untersucht, so die Wissenschafter. Mit ihrer Studie zeigen sie auf, wie sich womöglich durch geschicktes Planen des natürlichen Lichteinfalls die Energiebilanz von Gebäuden verbessern ließe.

Psychologischer Effekt

Für die Untersuchung teilten Chinazzo und ihre Kollegen 42 Probandinnen und 42 Probanden in drei Gruppen auf: In drei unterschiedlich temperierten Räumen – bei 19, 23 und 27 Grad Celsius – sollten sie Aufgaben lösen und Fragen beantworten. Unter anderem sollten die Teilnehmer auch über ihr Empfinden der Raumtemperatur und ihr Wohlbefinden Auskunft geben. Sie wussten aber nicht, worum es bei der Studie ging.

An verschiedenen Tagen erlebten die Probanden den Raum bei drei verschiedenen Helligkeiten des einfallenden Tageslichts, einmal bei nur rund 130 Lux, einmal bei 600 Lux und einmal bei hellen 1.400 Lux. Die Probandinnen und Probanden empfanden den 19 Grad kühlen Raum als wärmer, wenn helles Tageslicht einfiel. Bei der geringsten Helligkeitsstufe war ihnen hingegen kälter.

Umgekehrt erschien den Studienteilnehmern im 27 Grad warmen Raum ihre Umgebung weniger warm, wenn das Tageslicht auf die niedrigste Helligkeitsstufe gedämpft war. Da Raumtemperatur und auch die Körpertemperatur der Teilnehmenden unverändert blieben, schließen die Forschenden, dass es sich um psychologische Effekte handeln muss.

Unterschiede zu künstlichem Licht

Eine weitere interessante Beobachtung ergab sich, als die Wissenschafter die Ergebnisse ihrer Befragung mit Vorhersagen aus einem Modell über Effekte elektrischen Lichts auf den empfundenen Komfort verglichen. Sie verglichen, welche Temperaturschätzungen ihre Probanden abgaben mit den Schätzungen, die das Modell vorhersagte. Bei Tageslicht lagen die Schätzungen tiefer als bei Kunstlicht.

Der Vergleich deutet darauf hin, dass natürliches Licht Menschen womöglich wärmetoleranter macht als elektrisches. "Es handelt sich hierbei um eine Hypothese, die durch weitere Versuche getestet werden müsste", erklärte Chinazzo. Das Experiment sei nicht auf einen direkten Vergleich zwischen natürlichem und elektrischem Licht ausgelegt gewesen.

Dass Menschen ein höheres Akzeptanzlevel bei natürlichen Dingen als bei künstlich erzeugten haben, zeige sich aber auch in anderen Bereichen, sagte Ko-Autor Jan Wienold. Ähnliches finde sich beispielsweise bei Belüftung oder Blendung. "Bei künstlicher Belüftung beschweren sich die Leute eher, als wenn sie ein Fenster öffnen können. Auch wenn die Luft, die durch Fenster hereinkommt schlechter ist. Und auch Blendung durch Tageslicht wird eher in Kauf genommen als durch künstliches Licht."

Zwar ergibt sich aus der Studie keine konkrete Empfehlung für Architektinnen und Architekten. Die Forscher hoffen jedoch, mit ihren Ergebnissen weitere Forschung anzuregen und bestehende Komfortmodelle zu hinterfragen. (APA, 24.9.2019)