Am Ende des Verfahrens könnte ein wegweisendes EuGH-Urteil stehen.

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Die Frage, ob man auf digitalem Wege erworbene Software weiter verkaufen darf, beschäftigt die Netzpolitik schon seit einigen Jahren. 2016 entschied der Europäische Gerichtshof, dass man auch genutzte Software weiterverkaufen darf, wenn man die Original-Lizenz abgibt und das jeweilige Programm löscht.

Während es damals um weiter verkaufte Lizenzen für Windows und Microsoft Office ging, blieb ungeklärt, wie es sich mit Software verhält, die man auf Vertriebsplattformen wie Steam kauft. Deren Betreiber Valve wehrt sich seit je her gegen eine Weiterverkaufsmöglichkeit, weswegen in Frankreich die Konsumentenschutzorganisation UFC-Que Choisir (QC) unter anderem aus diesem Grund einen Prozess gegen das Unternehmen anstrengte. Nun hat das Pariser Höchstgericht ein potenziell wegweisendes Urteil gefällt.

Gericht will Valve zu Second Hand verpflichten

Valve hatte argumentiert, dass die digitale Distribution nicht vergleichbar sei mit dem Besitz eines physischen Datenträgers und verglich Steam mit einem Abodienst. QC hatte dagegen gehalten, dass der Vertriebsweg keinen Einfluss auf die Rechte der Konsumenten an ihrem Besitz haben dürfe.

Dieser Argumentation folgte nun auch das Pariser Höchstgericht. Der Vergleich von Steam mit einem Abonnement-basierten Service war für die Richter nicht schlüssig. Sie sind der Ansicht, dass Nutzer in der Lage sein sollten, ihre Spiele weiter zu verkaufen, da man andernfalls nicht im Einklang mit dem EU-Verbraucherrecht stehe.

Guthaben soll bei Kontoschließung ausbezahlt werden

Auch in anderen Belangen folgte man der Kritik der Konsumentenschützer. So hält man es etwa für widerrechtlich, dass Valve im Falle der Schließung eines Nutzerkontos darauf vorhandenes Guthaben nicht ausbezahlt, sondern schlicht einbehält. Stattdessen solle Valve jeden User, der einen entsprechenden Antrag stellt, sein Guthaben auszahlen.

Zudem rechnen die Richter Valve auch mehr Verantwortung zu, falls eine über Steam vertriebene Software gröberen Schaden bei einem Nutzer anrichtet – selbst wenn es sich um ein Produkt in der Betaphase handelt. Auch die Rechte, die sich Valve an Mods und anderen Nutzerinhalten einräumen lässt, will man einschränken. Das Unternehmen solle zudem verständlichere Richtlinien formulieren, aus denen hervorgeht, aufgrund welchen Fehlverhaltens man seinen Zugang zu der Plattform verlieren kann.

Sollte Valve gegen diese Regulierungen verstoßen, so droht eine Strafe von 3.000 Euro täglich über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten oder bis der Verstoß behoben wurde.

Fall könnte wegweisendes EuGH-Urteil einleiten

So schnell wird es auf Steam allerdings keinen Second Hand-Marktplatz geben, denn Valve hat bereits Berufung angekündigt. Solange der Fall nicht endgültig ausjudiziert ist, ändert sich also auf Steam nichts. Die nächste Instanz ist das für solche Angelegenheiten zuständige höchste Gericht in Frankreich, das Cour de Cassation. Sollte Valve auch dort scheitern, bliebe noch der Schritt vor den EuGH.

Das Pariser Höchstgericht hat seine Entscheidung bereits mit EU-Recht argumentiert. In der Union gilt die Vorgabe, dass europarechtliche Regelungen möglichst einheitlich in den Mitgliedsstaaten umzusetzen sind. Sollte das Urteil über die nächsten beiden Instanzen halten, dürfte daraus also ein Präzedenzfall entstehen. Denn neben Valve betreiben etwa auch Epic, Electronic Arts, Ubisoft und andere Firmen ähnlich gestrickte Online-Distributionsplattformen für Games und Anwendungen, die der Gesetzesauslegung der Höchstrichter dann ebenso folgen müssten. (gpi, 24.09.2019)