Am 30. April 1857 stach in Triest die Fregatte SMS Novara in See. An Bord befanden sich über 350 Personen und eine Vielzahl an Lebendtieren zur eigenen Versorgung. Als das Schiff am 26. August 1859 unter dem Donner der Kanonen wieder in den Hafen von Triest einlief, hatte es in 551 Tagen 51.886 Seemeilen zurückgelegt. Es war die erste und einzige Weltumsegelung der österreichischen Marine. Neben einer Reihe von naturwissenschaftlichen Forschungsergebnissen konnten auf dieser Reise auch richtungsweisende medizinische und hygienische Erkenntnisse gewonnen werden.

Impfstoffe und Essen aus der Dose

Eine erste Herausforderung stellte für den Schiffsarzt Eduard Schwarz das Leben an Bord dar. Unterkunft, Verpflegung, Arbeit, Schlaf, Bewegung und Ruhe fanden unter völlig geänderten Bedingungen statt, das Zusammenleben auf engstem Raum konnte die rasche Verbreitung von Infektionskrankheiten fördern. Daher wurden erstmals präventive hygienische Maßnahmen an Bord berücksichtigt, die auf ihre künftige Effizienz hin getestet wurden.

Die Fregatte Novara im Hafen von Triest.
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Aus der Kuhpocken-Regenerationsanstalt in St. Florian bei Graz und aus der Findelanstalt in Wien nahm man Impfstoffe in Phiolen und in getrocknetem Zustand mit, um im Bedarfsfall die Mannschaften sofort immunisieren zu können, auch wenn die Haltbarkeit dieser Impfstoffe noch nicht ausreichend erprobt war. Als positives Novum erwies sich bei der Schiffsverpflegung die Mitnahme von komprimiertem getrocknetem Gemüse und Hülsenfrüchten in luftdicht verschlossenen Blechbüchsen, die sogenannte Mélange d'équipage. Erstmalig verwendetes und leichter zu reinigendes Emailgeschirr verbesserte die hygienischen Bedingungen ebenfalls beträchtlich.

Alle 14 Tage baden und psychologische Betreuung

Für die Wasserversorgung an Bord wurde eine neuartige Destilliermaschine von M. Rocher aus Nantes mitgeführt. Sie produzierte innerhalb einer Stunde aus Meerwasser 162 Liter Trinkwasser und deckte den täglichen Bedarf von 1.100 Litern. Speziell konstruierte Duschapparate erleichterten die persönliche Hygiene. Offiziere durften alle 14 Tage, die Mannschaften alle vier Wochen ein warmes Bad nehmen.

Ein Bordspital mit einer gesonderten Abteilung für Infektionskranke begünstigte die rasche Genesung von Erkrankten. Rekonvaleszente kräftigte man mit Aufenthalten in frischer Luft und einer Extraportion Wein täglich. Alles in allem zeigten diese Maßnahmen Erfolg. Die Zahl der Krankenstände war gering, Epidemien brachen an Bord kaum aus. Auch die Rolle des Pflegepersonals im Bordspital und die Betreuung der Mannschaften durch Psychologen wurden durchwegs goutiert.

Moderne Methoden: Reagenzgläser und Mikroskope

Für die medizinische Wissenschaft war das Sammeln von Krankheitsbildern und -ursachen in den bereisten Gebieten ein Forschungsschwerpunkt. Diese Untersuchungen verliefen streng naturwissenschaftlich, mussten messbar und beweisbar sein, unter anderem mithilfe des Mikroskops oder Reagenzflüssigkeiten. Man erforschte das Auftreten von Epidemien und Endemien, klassifizierte gewisse Krankheiten wie Malaria nach ihren Stadien und versuchte den Ausbruch mit klimatischen Faktoren in Zusammenhang zu bringen. Weiters interessierte einerseits das Vorkommen der häufigsten, andererseits der entzündlichen und zymotischen Krankheiten in den bereisten Ländern.

Bezüglich Hauterkrankungen wurden nach dem Wunsch der Wiener Dermatologen Zeichnungen von Patienten mit weißer und dunkler Haut angefertigt, insbesondere von Elephantiasis. Erfolgreich erprobt wurden Präventivmaßnahmen gegen Seekrankheit, wie Gymnastikübungen oder Kompensationsbewegungen. Nachtblindheit erkannte man entgegen der Meinung, es handle sich um eine Ermüdung und Abspannung der Retina durch Lichtreize, als Ernährungskrankheit, hervorgerufen durch Vitamin-A-Mangel.

Zeitgenössische Darstellung von Elephantiasis.
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24 Heilstoffe und Kokain nach Wien transportiert

An Naturheilmitteln interessierten das auf Java als Diätetikum verwendete Agar-Agar, diverse Aloe-Arten, Ginseng, Chinarinde und Curare. 24 Heilstoffe wurden nach Wien transportiert. Die Mitnahme einer größeren Menge an Blättern des Coca-Strauchs ermöglichte eine Analyse im Labor des Chemikers Friedrich Wöhrler und bewirkte die künftige Verwendung von Kokain in der Heilkunde.

Schiffsarzt Eduard Schwarz veröffentlichte die auf der Reise gewonnenen medizinischen Erkenntnisse zwei Jahre später.
Foto: wikimedia

In puncto Ernährung waren die Ärzte von der großen Anzahl an Vegetariern in Indien und China verblüfft, wobei ihnen gerade die Chinesen trotzdem als besonders arbeitsam und kräftig erschienen. Die Europäer vermuteten hier Reis als Basis der gesunden Ernährung. Aufgrund des generell hohen Standards der östlichen Medizin nahm man auf Chinesisch verfasste Lehrbücher nach Wien mit. All diese Erkenntnisse ließen durch die detaillierten Beschreibungen Diagnosen einzelner Krankheitsbilder zu – auch im Vergleich zum mitteleuropäischen Standard – und beeinflussten die weitere Entwicklung der Medizin in Wien positiv. (Daniela Angetter-Pfeiffer, 28.9.2019)