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Beim so beliebten Sparbuch herrscht oft rechtliche Unsicherheit. Vieles, was Besitzer und Erben sicher zu wissen glauben, gehört ins Reich der Märchen.

Foto: Getty Images, Collage: Fatih Aydogdu

Das Sparbuch ist – trotz praktisch nicht vorhandener Zinsen und zahlreicher guter Alternativen – nach wie vor die beliebteste Veranlagungsform der Österreicher.

Gerade um sogenannte Kleinbetragssparbücher, also Sparbücher unter einer Einlagenhöhe von 15.000 Euro, ranken sich zahlreiche rechtliche Mythen im Zusammenhang mit dem Versterben des Besitzers. Diese Mythen sind – genauso wie die Liebe zum Sparbuch – in der Praxis kaum auszurotten. Die rechtliche Realität sieht vielfach allerdings ganz anders aus.

So glauben beispielsweise nach wie vor viele Angehörige, Sparbücher des Verstorbenen mit einem Guthaben unter 15.000 Euro fielen nicht in die Verlassenschaft und müssten daher nach dem Ableben des Berechtigten auch nicht beim Notar angegeben werden. Das ist rechtlich allerdings unrichtig.

In die Verlassenschaft einer Person fallen nämlich alle vererblichen Vermögenswerte des Verstorbenen – auch Kleinbetragssparbücher. Hat der Verstorbene kein Testament, entscheidet also die gesetzliche Erbfolge, wem das Sparguthaben zufällt.

Leichte Übertragbarkeit

In der Praxis werden Kleinbetragssparbücher trotzdem immer wieder an der Verlassenschaft "vorbeigeschleust", dies zum Teil sogar im guten Glauben, rechtlich das Richtige zu tun. Dieser weitverbreitete Irrtum hängt damit zusammen, dass Kleinbetragssparbücher mit Losungswort unter einer Einlagenhöhe von 15.000 Euro – vollkommen legal – verhältnismäßig leicht unter Lebenden übertragen werden können. Dies geschieht durch die bloße körperliche Übergabe des Sparbuchs sowie die Nennung des Losungsworts.

Diese leichtere Übertragbarkeit und Verfügbarkeit bedeutet aber nicht, dass Kleinbetragssparbücher nach dem Tod nicht mehr dem Verstorbenen bzw. der Verlassenschaft gehören und die Angehörigen oder andere Personen deshalb über die Sparbücher nach Belieben verfügen können.

Der Mythos bezüglich der fehlenden Verlassenschaftszugehörigkeit eines Kleinbetragssparbuchs birgt handfeste Risiken für alle Beteiligten: Sollten Kleinbetragssparbücher der Verlassenschaft widerrechtlich entzogen werden, drohen nicht nur zivilrechtliche Konsequenzen – z. B. Erbunwürdigkeit und Rückforderungsansprüche -, sondern allenfalls auch eine strafrechtliche Verantwortlichkeit.

Ein weiterer Mythos betrifft den Irrglauben vieler, dass Erbschaftssteuer bezahlt werden müsse, wenn ein Kleinbetragssparbuch dem Notar gemeldet wird. Nach derzeitiger Rechtslage gibt es aber generell keine Erbschaftssteuer, weder für Kleinbetrags- noch für Großbetragssparbücher. Dass dies bereits seit 2008 der Fall ist, verdeutlicht nur, wie hartnäckig sich juristische Märchen im Rechtsbewusstsein der Bevölkerung halten können.

Nicht immer halbe-halbe

Noch ein letztes Beispiel: Viele gehen davon aus, dass bei einem gemeinsamen Konto oder Sparbuch, z. B. einem gemeinsamen Girokonto mit der Ehefrau, nach dem Tod eines Kontoinhabers immer genau die Hälfte in die Verlassenschaft fällt und die zweite dem Überlebenden gehört.

Der Umstand, dass ein Konto, Depot oder Sparbuch formal ein "gemeinsames" ist, sagt aber tatsächlich noch nichts über die konkreten Anteilsverhältnisse aus. Wem wie viele Anteile gehören, ist also eine andere Frage.

Hat etwa nur der Verstorbene Einzahlungen aus seinem Vermögen auf ein gemeinsames Konto oder Sparbuch gemacht, dieses also allein "gespeist", dann standen diese Vermögenswerte zivilrechtlich auch in seinem Alleineigentum. Anders kann es jedoch sein, wenn der Verstorbene dem Kontomitinhaber einen Teil oder das gesamte Guthaben schenken wollte.

Der OGH hat zu dieser Thematik in seiner Entscheidung vom 20. 6. 2017 (2 Ob 130/16f) unmissverständlich Folgendes klargestellt: Wenn ein Sparbuch zum Teil oder zur Gänze aus Mitteln, die vom Verstorbenen stammten, dotiert wurden, dann gehören diese Werte im jeweiligen Ausmaß dem Verstorbenen und fallen in dessen Verlassenschaft. (Gerold Oberhumer, 26.9.2019)