Bernd Kiegler ist Fondsmanager des Raiffeisen-Technologie-Aktien bei Raiffeisen Capital Management.

Foto: Raiffeisen KAG / Pia Morpurgo

Leopold Salcher ist als Analyst von Technologiewerten bei Raiffeisen Capital Management tätig.

Foto: Raiffeisen KAG

Der Technologiesektor hat in den vergangenen Jahren eine gute Performance hingelegt. Wie wird es weitergehen?

Kiegler: Die Bewertungsniveaus im internationalen Technologiesektor befinden sich derzeit leicht über dem mehrjährigen Durchschnitt. Der Grund ist für 2019 relativ geringes aggregiertes Gewinnwachstum von etwas über zwei Prozent. Aktuellen Schätzungen zufolge sehen wir nächstes Jahr wieder ein zweistelliges Gewinnwachstum. Unabhängig von Megatrends und Neuentwicklungen spielt auch der Handels- und Zollkrieg zwischen den USA und China in die Technologiebranche hinein.

Salcher: Dazu kommen die – wenn auch zuletzt etwas gelockerten –Sanktionen gegen Huawei. Das chinesische Unternehmen ist mittlerweile ein großer Player in der IT-Branche, die Sanktionen hatten weitreichende Folgen für die gesamte Zulieferkette, allen voran im Halbleiterbereich. Der schwelende Konflikt USA-China sollte sich im nächsten Jahr wieder auflösen.

Kiegler: Insgesamt ist der Technologiebereich ein Dauerbrenner. Es führt für Unternehmen heute kein Weg daran vorbei, in die IT-Zukunft zu investieren, seien es Netzwerk- und Speichertechnologien oder Artificial Intelligence Anwendungen wie Chatbots. Wer das bei Innovationen nicht macht, bleibt auf der Strecke.

Einer aktuellen Statistik der Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften (VÖIG) zufolge lagen Technologie-Fonds über die vergangenen fünf Jahre betrachtet hierzulande an der Spitze. Die stärkste Performance verzeichnete der Raiffeisen-Technologie-Aktien-Fonds mit plus 20,26 Prozent pro Jahr. Nach welchen Kriterien wählen Sie die Investitionsobjekte aus?

Kiegler: Wir versuchen, möglichst früh im Entwicklungszyklus einer Technologie zu investieren. Vor allem haben wir ein Auge auf stark wachsende kleine und mittlere Unternehmen. Unser Ziel ist hier, entweder direkt vom Wachstum zu profitieren oder davon, dass die Unternehmen von größeren übernommen werden. Wir investieren aber nicht nur in Nischenplayer – im Gegenteil. Von den 45 Werten im Raiffeisen-Technologie-Aktien-Fonds sind drei Viertel Große wie Microsoft, Apple und IBM. Überinvestiert sind wir etwa bei den Grafik- und Serverchip-Herstellern Nvidia und AMD.

Stichwort Blue Chips: Ist es bei den rasanten Entwicklungen in der Branche nicht sehr riskant, in High Tech-Blue-Chip-Aktien zu investieren? Oder anders gefragt: Droht hier nicht ein "Nokia-Schicksal"?

Kiegler: Über diese Frage zerbrechen wir uns immer wieder den Kopf. Ich würde sagen, software-orientierte Titel sind hier eher geeignet, sich langfristig zu behaupten. Bei Hardware-Herstellern kann es schnell mal sein, dass sie mit ihren Produkten nicht den Geschmack der Kunden treffen und deshalb von der Bildfläche der Kundschaft und noch schneller jener der Investoren verschwinden.

Wie ist der Fonds nach Regionen gewichtet?

Salcher: Der Anteil an US-Aktien beträgt 76 Prozent, der Europa-Anteil liegt bei 19 Prozent. Die restlichen fünf Prozent stammen aus dem Rest der Welt, etwa Brasilien.

Welche internationalen Börsengänge waren für Sie in jüngster Zeit spannend?

Kiegler: Wir haben gerade ein Investment in den Fahrtendienst Uber gemacht und eine kleine Position in Slack realisiert. Das ist eine Kommunikationslösung, die viele Firmen sehr gerne verwenden, um ihre Arbeitsabläufe im Team zu verbessern.

Spielen auch nachhaltige Unternehmensstrategien bei der Auswahl eine Rolle?

Kiegler: Ja, wir legen großen Wert darauf, dass in den Titeln unseres Fonds ökologische, soziale und ethische Standards, also die ESG-Kriterien, beachtet werden. Wir haben hier zur Bewertung der Nachhaltigkeit ein unternehmensweites internes Score-System, bei dem auch die MSCI- ESG- und ÖKOM-Ratings einfließen.

Der internationale MSCI World Index spiegelt die Wertentwicklung von Aktien aus Industrieländern wider. Ein Vergleich zwischen dem Gesamt- und dem Technologieaktienmarkt über die letzten fünf Jahre zeigt: Letztere schnitten deutlich besser ab.

In welchen Technologiebereichen orten Sie derzeit das größte Potenzial?

Salcher: Im Bereich der Artificial Intelligence, im Internet of Things und bei den Cloud Server Farmen. Artificial Intelligence ist natürlich Thema der ganz Großen wie Microsoft, Google und IBM. Sie ist dort allerdings kein eigenes Segment. Das heißt, es gibt wenig Zahlen dazu. Das Internet of Things ist deshalb ein so spannender Bereich, weil sich die Vernetzung von Dingen mit dem Internet mittlerweile durch alle Branchen zieht. In der Pharmaindustrie beispielsweise ist das ein großes Thema.

Wo könnte der nächste technologische Wurf liegen?

Kiegler: Ein Thema, das derzeit noch am Anfang steht und großes Potenzial hat, ist die Elektro-Mobilität. Diese stellt die Chiphersteller vor ganz neue Herausforderungen: E-Mobilität erfordert nämlich sehr viel mehr Halbleitereinsatz im Auto und auch spezielle, vergleichsweise kleine Halbleiter-Chips, die Hochleistungsströme schalten können. Die beiden Unternehmen CREE und Infineon sind in dieser neuen Technologie Hochleistungshalbleiter weltführend, deshalb sind wir hier auch investiert.

Im Jahresvergleich hatte der Raiffeisen-Technologie-Aktien-Fonds hierzulande die Nase vorn.
Hinweis: Die Performance ihres Fonds wird von der Raiffeisen KAG auf Basis der veröffentlichten Fondspreise nach der OeKB-Methode berechnet. Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung des Fonds zu. Veranlagungen in Fonds sind mit höheren Risiken verbunden, bis hin zu Kapitalverlusten.

Und wie sieht es mit Kryptowährungen á la Bitcoin aus?

Kiegler: Wir mochten den Trend, weil er die Nachfrage nach Grafikchips angekurbelt hat, insbesondere bei den Herstellern Nvidia und AMD. Ich denke, die Story geht weiter, aber die Kryptowährungen sind im Wandel. So möchte Facebook eine eigene Blockchain-Währung einführen. Medienberichten zufolge überlegt auch die chinesische Zentralbank einen solchen Schritt. Große Vorsicht ist aber geboten, weil Kryptowährungen noch wenig verbreitet sind.

Wo geht die Reise auf den internationalen Aktienmärkten Ihrer Meinung nach hin?

Kiegler: Ich persönlich glaube, dass die Märkte derzeit vom Handelsstreit USA-China schon sehr belastet sind. Sobald sich diese Unsicherheit gibt, werden sie sehr positiv reagieren.