Blatt ins Gläschen, 15 Minuten warten, und fertig ist die Diagnose: Die elektronische Nase lag in 95 Prozent der Fälle richtig.

Foto: Wei Research Group

Pflanzen sind schlaue Geschöpfe: Die meisten Arten stehen nicht nur reglos in der Gegend herum, sondern können sich aktiv in die eine oder andere Richtung bewegen, besitzen eine Art Gedächtnis und können sogar miteinander kommunizieren. Dafür nutzen sie etwa sogenannte "volatile organic compounds" (VOC) – flüchtige organische Verbindungen. Das sind gas- oder dampfförmige Stoffe, die die Pflanzen beim "Atmen" in die Luft abgeben. Wenn Pflanzen von einer Krankheit befallen werden, ändern sich Zusammensetzung und Konzentration der Stoffe.

Genau das haben sich Forscher der North Carolina State University zunutze gemacht: Sie haben ein Gerät entwickelt, mit dem Landwirte Krankheiten bei Pflanzen ganz leicht erkennen können. "Die meisten Bauern bestimmen Krankheiten auf Basis ihrer Erfahrung. Aber viele Symptome sehen ähnlich aus", sagt Qingshan Wei, Bioingenieur und Leiter der Forschungsgruppe, zum STANDARD. Um sie auseinanderzuhalten, waren bisher oft aufwendige Diagnosen im Labor nötig. Wieso also nicht eine vereinfachte Technologie aufs Feld bringen?

Mit Smartphone und Papier

Das Prinzip funktioniert wie eine elektronische Nase: Der Bauer nimmt ein Blatt der betroffenen Pflanze, legt es in ein Teströhrchen und wartet 15 Minuten. Über einen kleinen Plastikschlauch kommt die mit organischen Verbindungen angereicherte Luft in ein 3D-gedrucktes Lesegerät, das am Smartphone fixiert ist. Darin befindet sich ein Teststreifen aus Papier, der die Nanosensoren enthält: "Verschiedene Chemikalien und Moleküle lösen verschiedene Reaktionen aus", so Wei. "Diese verändern wiederum die Farbe des Nanosensors." Die unterschiedlichen Farben zeigen die jeweilige Krankheit an.

Das Prinzip haben die Forscher schon anhand des Pilzes Phytophthora infestans an Tomatenpflanzen getestet. Dieser Pilz, auch Kraut- oder Knollenfäule genannt, war für die Große Hungersnot in Irland Mitte des 19. Jahrhunderts verantwortlich. Wei und sein Team verglichen ihre elektronische Nase auch mit klassischen, auf DNA-Tests basierenden Methoden. Es zeigte sich, dass ihre Technologie in 95 Prozent der Fälle richtig lag. Mittlerweile erkennt der Sensor zehn verschiedene Gruppen an VOCs.

In Zukunft wollen die Forscher die Methode auf andere Pflanzen und Krankheiten ausweiten, die etwa von Viren oder Bakterien ausgelöst werden. Die Krankheiten sollen in einer Datenbank gesammelt werden und die Betroffenen im nächsten Schritt Tipps für die Behandlung erhalten.

Die Stärken der Methode sind zweifellos, dass sie jeder mit einem Smartphone einsetzen kann und dass sie günstig ist: Der Sensor kostet keine 50 Euro. Doch einen Schönheitsfehler hat der Ansatz noch: Man muss Pflanzen einzeln untersuchen. Wei: "Man fragt uns ständig, ob wir die Methode auf einer größeren Skala entwickeln können." Wer weiß, vielleicht könnte er in Zukunft ja Sensoren für Drohnen bauen und so ganze Felder untersuchen? (Katharina Kropshofer, 28.9.2019)