"Wenn irgendwo Pilze schmoren, wird der Kriminalist unwillkürlich hellhörig" – würde Agatha Christie noch unter uns weilen, man müsste sie zwecks Gegenbeweis nach St. Georgen an der Gusen laden.

Denn wenn auf dem idyllisch gelegenen Mosberger-Hof Markus Scharner zur Pfanne greift und Austernpilzen ein kurzes, aber intensives Bad in brauner Butter gönnt, um dann – voller Respekt vor dem Eigengeschmack – Thymian und Meersalzflocken zuzusetzen, ist man vom Image eines potenziellen Mordwerkzeugs weit weg. Vielmehr punkten die Pilzköpfe mit hohem Gehalt an essenziellen Aminosäuren, Vitamin D und Mineralstoffen eindeutig auf der lebensbejahenden Seite.

Heikle Kulturarbeit unter Tage: Pilzbauer Markus Scharner sorgt in dem ehemaligen Mostkeller gemeinsam mit seiner Frau Julia ganzjährig für ein ideales Schwammerlwetter.
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Badezimmerzucht

Vor gut einem Jahr hat der 32-jährige Boku-Absolvent gemeinsam mit seiner gleichaltrigen Frau Julia dem urbanen Lebensraum den Rücken gekehrt. Man besann sich im fernen St. Pölten des Lebens auf dem Bauernhof von Julia Scharners Eltern im Mühlviertel.

Ausgeklammert wurden bei den ländlichen Gedankenspielen aber bewusst die einstigen Ertragsquellen: Nicht eine Wiederbelebung der ehemaligen Schafzucht sollte es sein, und auch eine Veredelung der Mostäpfel hin zur Landessäure strebten die kreativen Jungeltern nicht an.

Vielmehr hatten Julia und Markus Scharner den Pleurotus ostreatus im Gepäck. Nachdem sich bereits erste Zuchterfolge im Gästebad der St. Pöltner Wohnung eingestellt hatten, reifte im Februar die Idee, den einstigen Mostkeller zu adaptieren und mit einer Edelpilzzucht zu starten. "Wir wollten auf dem Land und vom Land leben."

"Essen gerne auch gutes Fleisch"

Das Ehepaar Scharner hat mittlerweile im Garten des großen Bauernhauses an einem großen Holztisch Platz genommen. Um gleich einer Schubladisierung entgegenzuwirken. "Wir sind sicher keine fundamentalistischen Veganer – wir essen gerne gutes Fleisch." Dennoch fußt das pilzige Geschäftsmodell darauf, das Schnitzel und den Schweinsbraten auf den Tellern zugunsten der Austernpilze ein wenig ins Abseits zu drängen. "Wir wollen einfach eine Vielfalt auf dem Teller", so Markus Scharner. Und Pilze würden sich eben ressourcenschonend und energieeffizient anbauen lassen. Von Vorteil ist im Pilzgeschäft, wenn die nötige Infrastruktur bereits vorhanden ist.

Bei passenden Bedingungen wuchern die Austernpilze das ganze Jahr.
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Auf dem Mosberger-Hof führt der Weg ins Schwammerlparadies über die Garagen. Oder besser unter die Garagen. Dort haben die Jungunternehmer dem stillgelegten Mostkeller neues Leben eingehaucht.

Wobei ja Pilze an sich durchaus bescheidene Gewächse sind. Auf dem Weg zur Gaumenfreude brauchen die beliebten Schirmträger hohe Luftfeuchtigkeit, eine gleichmäßige Temperatur von zwölf Grad und, im Fall der Scharners, Biostroh vom Nachbarbauern. Eine spezielle Lüftungsanlage saugt in Bodennähe CO2 ab, die Frischluftzufuhr erfolgt über einen Luftschacht.

Ganzjährige Schwammerlernte

Die Strohballen werden samt einer entwicklungsfreudigen Pilzkultur in Plastikfolie eingeschweißt. Diese weist entsprechend viele Löcher auf, durch die sich dann im Idealfall der Fruchtkörper seinen Weg aus dem Strohbett sucht. "So haben wir ganzjährige Schwammerlernte im Keller", zeigen sich die Scharners zufrieden. In Zahlen: Unterteilt in zwei Klimazonen wachsen derzeit rund 100 bis 200 Kilogramm Bio-Austernpilze pro Zyklus heran. Erntereif sind die Pilze nach gut sechs Wochen. Das nach der Ernte ausgelaugte Stroh wird kompostiert und dient als organischer Dünger.

Verkauft wird – jeden Freitag ab Hof oder in ausgewählten Bioläden – aber nicht nur der nackte Pilz. Jenen, die auf dem Weg zum Schwammerlgulasch kläglich scheitern würden, greifen die kreativen Züchter unter die Kocharme. Erstanden können die Pilze nämlich auch in veredelter Form etwa als Pesto werden. Und: Zu den 150-Gramm-Schälchen befüllt mit feinster Kellerware gibt es stets ein von den Scharners selbst ausprobiertes Rezept dazu. Was zählt da noch die Meinung einer britischen Krimiautorin? (Markus Rohrhofer, 28.9.2019)