Künstlerische Darstellung des "unmöglichen" Planeten und seines Sterns, der ein sogenannter Roter Zwerg ist. Ihr Größenverhältnis stellt gängige Theorien vor Probleme.
Illustration: CARMENES/RenderArea/J. Bollaín/C. Gallego

Heidelberg – Es sind mittlerweile weit mehr als 4000 Planeten, die Astronomen seit 1988 jenseits unseres Sonnensystems entdeckten. Diese Exoplaneten legen nicht nur nahe, dass unser Sonnensystem alles andere als einzigartig ist. Diese fremden Planetensysteme haben auch die Vorstellungen von Forschern nachhaltig erweitert, welche Kombinationen von Sternen und um sie kreisenden Planeten denkbar und möglich sind.

Ein neu entdeckter Exoplanet, der sich in 31 Lichtjahren Entfernung von unserer Sonne in sieben Erdenmonaten um seinen Heimatstern dreht, stellt nun eine ganz besondere Herausforderung für Astronomen dar: Denn nach den bisherigen Theorien zur Planetenentstehung dürfte er eigentlich nicht existieren.

Animation des Sterns samt seiner beiden Planeten, von denen es sich beim Inneren um den neu entdeckten Exoplaneten handelt. Der äußere Planet ist noch nicht sicher bestätigt.
VideoFromSpace

Der Planet, um den es geht, ist ein sogenannter Gasriese und wurde auf den Namen GJ 3512 b getauft. Wie das internationale Forscherteam unter der Leitung von Juan Carlos Morales (Katalanisches Institut für Weltraumforschung) im Fachblatt "Science" berichtet, hat es einen Gasplaneten ähnlich dem Jupiter entdeckt, dessen Masse halb so groß wie die von Jupiter ist, dem größten Planeten unseres Sonnensystems.


Abnormes Größenverhältnis

Das ist alles andere als außergewöhnlich: Ähnliche Exoplaneten gibt es zuhauf – aber keinen einzigen, der sich um einen so kleinen Stern dreht. Dieser Stern heißt GJ 3512, ist ein Roter Zwerg besitzt nur ein Achtel der Masse unserer Sonne. Das bedeutet ein Masseverhältnis zwischen dem Stern und dem Planeten von höchstens 1 zu 270. Und genau dieses Masseverhältnis dürfte es laut gängigen Theorien zur Planetenentstehung eigentlich nicht geben.

Größenverhältnisse und Abstände im Vergleich: Ganz oben dreht sich der Merkur um die Sonne, in der Mitte GJ 3512 b um GJ 3512. Unten weitere Planetensysteme im Vergleich.
Illustration: Guillem Anglada-Escude - IEEC, SpaceEngine.org

Wie aber stellt sich die Wissenschaft überhaupt das Entstehen von Planeten vor? Nach der gängigen Theorie sind sie ein Nebenprodukt der Sternentstehung: Die Planeten bilden sich in der Scheibe, aus der auch ihr Mutterstern hervorging. Zur konkreten Planetengeburt kommt es dadurch, dass sich zunächst ein Objekt aus festen Teilchen in der Scheibe aufbaut. Die Schwerkraft dieses Planetenembryos sorgt dafür, dass sich eine Atmosphäre aus dem umgebenden Gas formiert.

Gravitationeller Kollaps?

Das wiederum bedeutet, dass die Gas- und Staubscheiben, aus denen sich massearme Sterne wie GJ 3512 bilden, eher wenig Material beinhalten sollten – laut Theorie zu wenig, um Planetenembryos entstehen zu lassen, aus denen sich dann Gasriesen wie GJ 3512 b entwickeln könnten. Deshalb vermuten die Forscher in ihrer Studie, dass GJ 3512 b durch einen sogenannten gravitationellen Kollaps entstanden sein könnte.

Dabei kollabiert ein Teil der Gasscheibe, in der die Planeten entstehen, direkt unter seiner eigenen Schwerkraft. Doch auch dieser Erklärungsansatz hat Schwächen, denn er kann nicht wirklich gut begründen, warum der Planet nicht noch weiter angewachsen und noch näher zum Stern gewandert ist, was laut Theorie zu erwarten gewesen wäre.

GJ 3512 b, der "unmögliche" Planet, wird die Astronomen also wohl noch einige Zeit lang beschäftigen.