Aus Hinterhornbacher Sicht ist Tirol das Maß aller Dinge.

Foto: Steffen Arora

Im Gemeindesaal hat Bürgermeister Martin Kärle (58) schon alles für Sonntag vorbereitet. Wobei, lange wird die Wahl ohnehin nicht dauern, bis zum Frühschoppen sollte alles erledigt sein. Nur 90 Minuten haben die gut 70 Wahlberechtigten Zeit, ihre Stimmen abzugeben. Und der Sieger steht jetzt schon fest:die ÖVP. Das einzige linke Seitental entlang des Lechs ist Österreichs schwarze Hochburg. 83,33 Prozent räumte die Volkspartei hier 2017 ab.

Doch dieser Fabelwert hat nichts mit dem politischen Talent Sebastian Kurz zu tun. Die Bundes-ÖVP könnte einen Pappkameraden ins Rennen schicken, er würde in Hinterhornbach triumphieren. Am Beispiel dieses Bergdorfes zeigt sich, warum die Landeshauptleute in der Volkspartei eine Macht sind. Denn es sind Günther Platter und die Tiroler Landes-VP, die hier eigentlich gewählt werden. Kurz selbst erhielt in der schwarzen Hochburg nur sieben Vorzugsstimmen.

Christoph Eisnecker, Hausherr im Landgasthof Adler, erklärt, warum das so ist: "Der Landeshauptmann schaut auf uns." Obwohl sich in Hinterhornbach Fuchs und Hase gute Nacht sagen, ist die Bevölkerungszahl seit Jahrzehnten stabil.

Aktuell sind es 92 Einwohner. Als in den vergangenen 50 Jahren in vielen Lechtaler Gemeinden Skilifte gebaut wurden, drohte Hinterhornbach zurückzubleiben. "In dieser Zeit hat uns das Land sehr geholfen", sagt der 35-Jährige, der auch Tourismus-Obmann ist.

Das Land, und somit die Volkspartei, hat für Lawinenverbauungen gesorgt, die Straße ins Tal instand gehalten, Förderungen für die vielen Bauern gesichert, die örtliche Feuerwehr unterstützt, nach der Schließung der Dorfschule einen Schulbus nach Vorderhornbach organisiert und bezahlt. Dankbarkeit ist in Hinterhornbach eine politische Kategorie. Oder wie Eisnecker es ausdrückt: "Jeder hier sollte wissen, warum er die ÖVP wählt und was ihr zu verdanken ist."

Türkis? Nur eine Modeerscheinung

Auch der Bürgermeister hält die Landesregierung aus Sicht des Dorfes für "mächtiger als den Nationalrat". Darum ist die ÖVP hier auch weiterhin schwarz. Die Umfärbung auf Türkis hält man für eine "Wiener Modeerscheinung".

Mit Altkanzler Kurz sei er zwar ganz zufrieden, sagt Kärle, aber die Geduld für die Querelen auf Bundesebene ist enden wollend: "Jetzt wählen wir halt noch einmal, aber dann sollte Ruhe sein." Dann haben "die in Wien" ihre Arbeit zu machen.

Im Gasthof Adler kann Juniorchef Eisnecker dem Polit-Theater zumindest etwas Positives abgewinnen. Denn sollte Hinterhornbach wieder die ÖVP-Hochburg Österreichs werden, bedeute dies für das touristisch als "Auszeitdorf, in dem es nichts gibt" beworbene Bergidyll kostenlose Publicity: "Und die können wir immer gut gebrauchen." (Steffen Arora, 28.9.2019)