Rotorblätter bestehen aus glasfaserverstärktem Material, das sich wie Solarmodule schlecht recyceln lässt.

Foto: apa/fohringer

Wann genau die neue Regierung stehen wird, ist noch nicht absehbar. Klar ist nur, dass jede Koalition, in welcher Zusammensetzung auch immer, am Ausbau der erneuerbaren Energien festhalten muss. Andernfalls lassen sich die Energie- und Klimaziele, zu denen sich Österreich verpflichtet hat, nie und nimmer erreichen.

Mit dem Ausbau insbesondere der Wind- und Solarenergie tun sich aber neue Probleme auf, an die kaum jemand gedacht hat. Denn die vermeintlich saubere Energie hat auch Schattenseiten. Um mithilfe von Wind elektrische Energie zu gewinnen, braucht man Windräder, um aus Sonnenlicht Strom zu produzieren, Solarzellen. Dank üppiger Förderungen, die mit dem Ökostromgesetz 2003 zu fließen begonnen haben, finden sich Windmühlen mittlerweile in großer Zahl vor allem im Osten Österreichs; Fotovoltaikmodule sind auf zigtausend Dächern im ganzen Land verbaut.

Ende der Lebenszeit

Das ist weiter kein Problem, solange die Anlagen arbeiten. Aber irgendwann – die Experten rechnen mit 20 bis 30 Jahren – sind selbst die besten Windräder und Solarmodule nur mehr Elektroschrott. Und was dann?

Dann sollte man im Fall der Fotovoltaik wissen, was genau sich auf dem Dach befindet. Denn Solarmodul (PV für Stromgewinnung) ist nicht gleich Solarmodul, Sonnenkollektor (für Wärmeproduktion) nicht gleich Sonnenkollektor. Bei PV gibt es im Wesentlichen zwei Technologien: Module auf Siliziumbasis und Dünnschichtmodule. Die Solarzellen, ihr Herzstück, bestehen aus mehreren hundert Gramm Silizium, einigen Gramm Blei, Zink, Zinn und mitunter geringe Mengen Silber – alles wertvolle Rohstoffe.

Problemstoffe

Es gibt aber auch Dünnschichtmodule, in denen Cadmium und Tellurid vorkommen, deren Entsorgung gröbere Probleme bereitet. Denn diese Materialien sind in dünne Kunststofffolien gebettet, mit denen sie fest verschmolzen sind. Das macht eine Wiederverwertung extrem schwierig. Bei Windrädern sieht es nicht viel besser aus. Der Turm aus Stahl und das Fundament aus Beton lassen sich noch relativ problemlos recyceln, ebenso die Turbine, das Herzstück der Anlage.

Großes Kopfzerbrechen bereiten der Entsorgungsbranche die Rotorblätter, und das nicht nur in Österreich, sondern europaweit. Weil die Anlagen immer größer werden und damit auch die Kräfte, die auf die Flügel einwirken, wird zum Bau derselben fast nur mehr glasfaserverstärktes Verbundmaterial eingesetzt. Dieses hat es in zweifacher Hinsicht in sich. Zum einen sind die Kohlenstofffasern, die mehrschichtig zusammengeleimt werden, extrem leicht, dabei aber höchst widerstandsfähig. Zum anderen sind sie kaum kleinzukriegen.

Schreddern kaum möglich

Schreddern lässt sich das zähe Material in herkömmlichen Recyclinganlagen nur schlecht. Und bei der klassischen Müllverbrennung drohen die schmelzenden Glasfasern die Öfen zu ruinieren.

Davon weiß auch Günther Habel von der Energie AG Oberösterreich Umwelt Service GmbH ein Lied zu singen. "In den vergangenen eineinhalb Jahren hat es bei uns in der Abfallverwertung zunehmend das Problem mit Fasermaterialien gegeben. Die Anlage in Wels ist besonders betroffen, weil wir dort einen Elektrofilter haben. Und der ist dafür besonders anfällig", referierte Habel bei einer Veranstaltung des Verbands österreichischer Entsorgungsbetriebe. Bereits nach kürzester Zeit sei der Elektrofilter, der zur Abscheidung von Partikeln aus Gasen dient, verklebt, die Sprühelektroden glichen Sprühkerzen. Und das, obwohl noch kein einziges Rotorblatt einer Windkraftanlage "behandelt" werden musste.

Windräder in Zweitverwendung

Erste Windräder, die Anfang bis Mitte der 2000er-Jahre in Betrieb genommen wurden und schrittweise aus der Förderung fallen, werden aufgrund des mittlerweile gestiegenen Marktpreises weiterbetrieben. Manches Windrad, das im Zuge eines Repowerings durch eine leistungsstärkere Anlage ersetzt wurde, dreht sich wohl noch einige Jahre in der Ukraine, Weißrussland oder in Kasachstan. Die große Welle an ausrangierten Windrädern bzw. Solarmodulen kommt auf die Branche erst zu.

Noch haben es die Recyclingbetriebe mit vergleichsweise kleinen Mengen an Problemstoffen zu tun. "Nach einem Sturm bekommen wir beispielsweise vom Dachdecker mit Dämmwolle vermischte Materialien, die man vorher mechanisch nicht gut trennen kann. Entsprechend schauen die Elektrofilter dann aus", sagt Habel.

Gesetzliche Vorgaben bei der Produktion

Während europaweit nach passenden Verfahren zur Wiederverwertung von Windradflügeln und Solarmodulen bzw. Sonnenkollektoren geforscht wird, gibt es noch andere Ideen: etwa die, durch gesetzliche Vorgaben darauf zu drängen, dass schon bei der Produktion von Rotorblättern und Solarmodulen auf deren die Wiederverwertbarkeit geschaut wird. (Günther Strobl, 30.9.2019)