Ein Video der SPÖ kursierte am Wahlwochenende in den sozialen Netzwerken, das viel über den roten Wahlkampf aussagt. Es zeigte Pamela Rendi-Wagner an der Spitze eines Demo-Zuges, elegant in weißer Bluse und roter Hose, lächelnd, winkend, hinter ihr Parteifunktionäre, die Schilder mit dem Schriftzug "Menschlichkeit siegt" hochhalten. Es sah gut aus, freundliche Farben, sympathisches Setting – dennoch bildeten Spitzenkandidatin und Partei keine Einheit.

Schon gehört?

Das war eines der Hauptprobleme dieses Wahlkampfs: Pamela Rendi-Wagner und die SPÖ. Man hat sich angenähert. Aber man ist nicht miteinander verschmolzen. Das wäre aber notwendig gewesen, um vom Scheitern der "Ibiza-Koalition" (© Rendi-Wagner) zu profitieren.

Das rote Fremdeln lag nicht nur an der Spitzenkandidatin: Rendi-Wagner ist klug und wirkt sympathisch, sie hat sich in kurzer Zeit ihre Rolle angeeignet, in den TV-Konfrontationen gute Figur gemacht und sich engagiert um Wählerstimmen bemüht. Sie hat zudem eine Aufstiegs-Vita, die roter Politik ein glänzendes Zeugnis ausstellt. Gleichzeitig zeigt sie aber auch deren Schwäche: Wer sich aus beengten Verhältnissen hochgearbeitet hat, entfremdet sich oft dem Gemeindebau. Aufsteigern hat die SPÖ wenig zu bieten.

SPÖ-Spitzenkandidatin und Parteichefin Pamela Rendi-Wagner.
Foto: APA/ROBERT JAEGER

Alte Partei mit modernem Anstrich

Das zeigt das zweite große Problem des roten Wahlkampfs: Es gab eine Vielzahl an Forderungen – aber nicht die eine überzeugende Erzählung, warum die SPÖ die bessere Alternative zur ÖVP sein soll. Das liegt einerseits daran, dass die Gewerkschaft, immer noch ein sehr starker Arm der SPÖ, mit den Veränderungen in der Arbeitswelt kaum Schritt halten kann. Auf die neuen Arbeitsformen, welche die Digitalisierung hervorgebracht hat, gibt es von roter Seite nur unbefriedigende Antworten. Das gilt auch für das Thema Nummer eins dieses Wahlkampfs: Wer das Klima retten wollte, hatte erst recht keinen Grund, die SPÖ zu wählen.

Zum Glück für die Sozialdemokraten war zumindest Migration kein großes Thema. Denn hier gehen die Bruchlinien nach wie vor mitten durch die Partei: Während der linksliberale Flügel laut über ein Wahlrecht für Migranten nachdachte, ist der harte Kern der Stammwähler eher für Kurz' Kurs der Härte – vor allem gegenüber Muslimen.

Die bittere Erkenntnis der SPÖ zum Wahltag 2019 wird wohl eine sein, die auch andere schwächelnde sozialdemokratische Parteien in Europa haben: Es reicht nicht aus, einer alten Partei einen modernen Anstrich zu verpassen. (Petra Stuiber, 29.9.2019)