Norbert Hofer schritt am Nachmittag optimistisch zur Wahl – doch interne Umfragen der FPÖ wiesen schon seit Freitag einen Absturz aus

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Die Hochrechnung im ORF war noch gar nicht fertig, da sprach FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky schon von Konsequenzen. Als die erste Hochrechnung der FPÖ nur 16 Prozent bescheinigte, brandete in der FPÖ-Medienzentrale dennoch ein den Tatsachen unangemessener Applaus auf. Für die Kameras, nicht von Herzen. Danach machten sich betroffene Gesichter bei den wenigen FPÖ-Granden breit, die sich nach dem Schock überhaupt vor die Presse wagten. Ein "Neustart" sei angesagt, mit frischen Gesichtern "in verantwortungsvollen Rollen", so Vilimsky, während sich Bundesgeschäftsführer Joachim Stampfer schon das erste Bewältigungsbier aufmachte.

Dabei dürften zumindest die Funktionäre nicht sonderlich überrascht worden sein. Schon seit Ende der vergangenen Woche kursierten parteiinterne Umfragen, die der FPÖ einen starken Absturz prophezeiten. Teils sahen Demoskopen Werte von 16 Prozent, waren also sehr präzise am tatsächlichen Ergebnis.

Spesenaffäre demoralisierte die Funktionäre

Verantwortlich dafür war der Mann, der vor wenigen Jahren – durchaus durch Umfragen unterstützt – noch von der blauen Kanzlerschaft träumte: Die Spesenaffäre von Heinz-Christian Strache demoralisierte im Endspurt des Wahlkampfs die eigenen Funktionäre und einige Wähler, nachdem sie gerade erst das berüchtigte Ibiza-Video halbwegs verdaut hatten.

"Erklären Sie einmal Wählern aus dem Gemeindebau, warum wir unserem Ex-Chef tausende Euro Mietzuschuss zahlen, wenn der fünfstellig verdient", beschwerte sich ein FPÖ-Insider am Freitag. In der Partei könnte es nun Schlag auf Schlag gehen.

Eine Suspendierung Straches wurde schon vor dem Wahltag als wahrscheinlich erachtet, dürfte dieser doch bereits eine eigene Liste für die Wien-Wahl planen. Vilimsky sprach davon, dass das Ergebnis "kein Auftrag" für die Fortsetzung der türkis-blauen Regierung sei. Damit gesteht die FPÖ ein, dass die eigene Wahlkampfstrategie gescheitert ist.

Wahlkampfstrategie ging nicht auf

Denn die Freiheitlichen hatten als Kernbotschaft eine Fortsetzung der Koalition ausgegeben. Die Warnung vor Türkis-Grün sollte Stammwähler davon abhalten, zur ähnlich klingenden ÖVP zu wechseln. Von deren Erfolg bei der EU-Wahl kopierte man das Modell zweier Spitzenkandidaten, die komplett verschieden auftraten. Statt Othmar Karas und Karoline Edtstadler probierten sich nun der "freundliche" Norbert Hofer und der "aggressive" Herbert Kickl an diesen Rollen. Das will Hofer so beibehalten – die Doppelspitze steht nicht zur Diskussion, so der FPÖ-Chef.

Die ÖVP versuchte schon im Wahlkampf, damit zu spielen und einen Keil zwischen den FPÖ-Chef und seinen sehr präsenten Vize zu treiben. Nur wenige hätten darauf gewettet, dass die tatsächliche Bruchlinie zwischen Hofer und Strache verlaufen würde, hatte Hofer mit einem guten Listenplatz für Philippa Strache doch für einen Burgfrieden mit dem Ex-Chef sorgen wollen. Der "bedankte" sich mit Interna über Hofer.

Schon am Sonntag verabschiedeten sich erste Abgeordnete von ihren Wählern. Viele langjährige FPÖ-Granden verloren ihr Mandat. Auch Philippa Strache muss aufgrund des schlechten Abschneidens in Wien um ihr Mandat zittern – sie hat den dritten Platz auf der Wiener Landesliste inne. (fsc, ta, 29.9.2019)