Es war ihre erste Wahl als Parteichefin der Neos – und Beate Meinl-Reisinger konnte die jüngste Partei im Nationalrat beim dritten Antritt klar stabilisieren.

Foto: Regine Hendrich

Wien – Der dritte Wahlerfolg bei drei Wahlen in sechs Jahren – und das für eine Partei, die es erst seit sieben Jahren gibt: Die Neos unter ihrer Parteichefin und Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger konnten sich am Sonntag über Zugewinne freuen und haben sich damit als stabile Kraft im Parlament klar etabliert.

Die erste Hochrechnung um 17 Uhr wies für die Pinken 7,4 Prozent aus, eine Stunde später waren es 7,8 Prozent. Das entspricht einem Zugewinn von 2,5 Prozentpunkten gegenüber der Wahl im Jahr 2017 und bedeutet 15 Mandate (fünf mehr als derzeit) im neuen Nationalrat.

Wenn zwei koalieren können ...

Vizeklubchef Nikolaus Scherak freute sich in einer ersten Reaktion über "das beste liberale Ergebnis, das es in Österreich je gab" und deponierte das, was nicht erst in diesem Wahlkampf, sondern schon seit der Gründung 2012 zum Selbstverständnis der Neos gehört, nämlich sich als potenzielle Regierungspartei zu verstehen – nur sind sie jetzt mit einer Situation konfrontiert, dass ÖVP-Chef und Ex-Kanzler Sebastian Kurz wohl aus drei verschiedenen Zweierkoalitionen mit SPÖ, FPÖ oder nun auch Grünen wählen kann, die Neos gar nicht braucht für seine nächste Regierung.

Wenngleich die Wahltagsbefragung von Sora zeigte, dass sich 43 Prozent der deklarierten ÖVP-Wählerinnen und ÖVP-Wähler die Neos in einer Regierung wünschen würden. Es hätten übrigens auch sechs Prozent der FPÖ-Wählerschaft und sogar mehr als jeder zweite Wähler und jede zweite Wählerin der Grünen (53 Prozent) die Neos gern in einer Regierung. Nach diesem Wahlergebnis werden die Liberalen schlicht nicht als dritter Partner in einer nächsten Regierungskoalition notwendig sein.

... braucht es keinen Dritten

Wenngleich Scherak auf Puls 4 durchblicken ließ, dass die Neos eine Dreierkoalition noch nicht ganz aufgegeben haben. Er meinte, mit einer größeren Mehrheit wären die großen Fragen besser zu lösen als mit so knappen Mehrheit, wie Türkis-Grün sie habe.

Parteichefin Meinl-Reisinger freute sich denn auch über das "beste und stärkste Ergebnis, das wir je hatten", sagte aber auch, "dass wir jetzt nicht im Driving-Seat sitzen". Der Ball liege nicht bei den Neos. Sie gratulierte den Wahlsiegern Sebastian Kurz und Werner Kogler und betonte: "Wir wollen vor allem eine Alternative zu Türkis-Blau", und es sollte vor allem Sebastian Kurz "glasklar sein", dass das Wahlergebnis eine Absage an seine erste Regierungskoalition sei.

Auch Neos-Listenzweiter Helmut Brandstätter freute sich über das Ergebnis seiner Partei, für die der frühere Kurier-Chefredakteur die Seiten gewechselt hat: "Wir haben einen Zuwachs von 50 Prozent. Das ist schon gewaltig", sagte er zum STANDARD. Das zeige, dass die Neos "kontinuierlich wachsen" – und da seien die Briefwahlstimmen noch gar nicht dabei. An den Ergebnissen sehe man, dass die "extrem rechte Rhetorik von Sebastian Kurz" gewirkt habe. Es seien die FPÖ-Wähler, die für Türkis-Grün gesorgt hätten. Der Wahlkampf der Neos sei zwar "extrem gut gelaufen", auch dank der sehr guten Spitzenkandidatin. Nur seien letztlich bloß zwei Parolen durchgekommen, analysierte Brandstätter die ÖVP- und Grünen-Gewinne: ",Ich will zurück ins Kanzleramt' und ,Comeback in den Nationalrat'. Es war schwierig, nur mit Sachthemen durchzukommen." (Oona Kroisleitner, Lisa Nimmervoll, 29.9.2019)