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Der Mord am Regimekritiker hat das Ansehen des Königreichs beschädigt.

Foto: Reuters/Eric Kerchner for CBSNew

Inmitten der eskalierenden Spannungen in der Golfregion war am Sonntag der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman (MbS) beim US-Sender CBS News zu Gast. Es ist ein kritisches Timing für einen medialen Auftritt jenes Mannes, der im Königreich die Geschäfte führt – und das nicht nur wegen des Streits zwischen Saudi-Arabien und dem Iran.

Am Mittwoch, dem 2. Oktober, jährt sich Ermordung des Kolumnisten Jamal Khashoggi – für diese übernahm MbS in dem Gespräch die "volle Verantwortung". Jedoch wies er den Vorwurf zurück, den Mord in Auftrag gegeben zu haben. "Absolut nicht", antwortete er auf die entsprechende Frage. Als ein Anführer Saudi-Arabiens trage er aber die Verantwortung für den Mord, fügte er in seinem ersten Fernsehinterview über den Khashoggi-Mord hinzu. "Das war ein abscheuliches Verbrechen." Journalisten stellten für sein Land keine Bedrohung dar.

Spezialkommando

Khashoggi wurde vor knapp einem Jahr im saudischen Konsulat in Istanbul von einem saudischen Spezialkommando getötet, als er Papiere für seine geplante Hochzeit abholen wollte. Die saudische Regierung hat den Mord eingeräumt, weist aber jeden Vorwurf zurück, das Königshaus könne involviert gewesen sein.

Auch wenn der Thronfolger jede Kenntnis von dem Plan zur Ermordung Khashoggis bestreitet, bleibt der Verdacht, dass er die Tat in Auftrag gab, um einen lästigen Kritiker loszuwerden. Khashoggi lebte im Exil in den USA und schrieb Kolumnen für die "Washington Post", in denen er den Führungsstil von MbS wiederholt kritisierte.

Ein UN-Sonderbericht hat eine direkte mögliche Verbindung zu MbS hergestellt. Die UN-Sonderberichterstatterin Agnes Callamard sieht "glaubwürdige Beweise" dafür, dass der Kronprinz hinter der Tat steckte und versucht hat, die Spuren zu verwischen. Auch der US-Geheimdienst CIA kam Medienberichten zufolge zu dem Schluss, dass MbS die Anordnung zur Geheimdienstaktion gegeben hatte, die zur Tötung des "Washington Post"-Kolumnisten und zur Beseitigung seiner Leiche führte.

MbS droht mit "unvorstellbar hohen" Ölpreisen

Das Ansehen von Saudi-Arabien und MbS wurde durch die Bluttat langfristig beschädigt. Der junge Thronfolger, der zuvor von Staatsführern und Unternehmern als mutiger Reformer gefeiert wurde, wird heute von vielen früheren Verbündeten im Westen gemieden. So wie Deutschland setzte auch der US-Kongress Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien aus. Das missfiel US-Präsident Trump – für ihn ist MbS ein wichtiger Verbündeter im Streit mit dem Iran.

Nach den Angriffen auf saudische Ölanlagen Mitte September zögerte Trump nicht lange, dem Königreich Patriot-Luftabwehrraketen zur Verteidigung des Landes zu schicken. Frankreich, Deutschland und Großbritannien waren vergangene Woche der US-Einschätzung gefolgt, dass Teheran für die Attacke Verantwortung trage. Ursprünglich hatten sich die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen zu dem Angriff bekannt, was von den USA jedoch als falsches Bekenntnis gewertet wurde. Teheran weist die Vorwürfe zurück.

"Wenn die Welt keine starken und entschlossenen Maßnahmen ergreift, um den Iran abzuschrecken, dann werden wir weitere Eskalationen sehen, die die Interessen der Welt bedrohen werden", so der Kronprinz in dem am Sonntag ausgestrahlten Interview. "Die Ölversorgung wird unterbrochen, und die Ölpreise werden auf unvorstellbar hohe Zahlen steigen, die wir in unserem Leben noch nicht gesehen haben."

Der Angriff habe nicht das Herz der saudischen Energieindustrie, sondern das Herz der globalen Energieindustrie getroffen, sagte der bin Salman. Er fügte aber hinzu: "Eine politische und friedliche Lösung ist viel besser als eine militärische." (fmo, APA, 30.9.2019)