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Der Mono Lake ist unter anderem bekannt für seine bizarren Kalktuff-Gebilde.
Foto: AP/Ben Margot

Die Zusammensetzung des Mono Lake im zentral-östlichen Teil von Kalifornien klingt zunächst mehr nach den Folgen eines Chemieunfalls als einer natürlichen Erscheinung. Schon gar nicht mag man in diesem extremen Gewässer Leben vermuten: Der See unter der Ostflanke der Sierra Nevada enthält giftiges Arsen, besitzt einen hohen pH-Wert und ist äußerst salzhaltig. Außerdem findet sich dort Schwefel, Bor und eine Vielzahl an gelösten Carbonaten – und doch haben es einige Lebewesen geschafft, in dieser Brühe zu gedeihen.

Neben verschiedenen Bakterien- und Algenarten finden dort auch ein Salzkrebs und eine ungewöhnliche Fliege ihr Auslangen. Letztere nutzt eine Luftblase, um unter Wasser Bakterien abzugrasen. Nun haben Wissenschafter sogar einige neue Arten im Mono Lake entdeckt: Ein Team um Pei-Yin Shih vom California Institute of Technology in Pasadena fand im Sediment des Uferbereichs insgesamt acht Fadenwürmer mit unterschiedlichen Überlebensstrategien: Manche ernähren sich von Mikroorganismen, andere Arten sind Räuber, und wieder andere parasitieren an den Krebsen und Fliegen.

Auanema sp. hat in einer extremen Umgebung zu überleben gelernt.
Foto: Caltech

Hilfreiche Flexibilität

Eine Fadenwurm-Spezies hat es den Forschern allerdings besonders angetan: Die Nematode der Gattung Auanema besitzt drei Geschlechter und trägt ihre Nachkommen im Körper aus. Das Fortpflanzungssystem dieser Art, bei der es sowohl Männchen und Weibchen als auch sich selbst befruchtende Hermaphroditen gibt, sorgt für mehr Flexibilität, was sich in der lebensfeindlichen Umgebung offenbar als Vorteil erweist. Die Fähigkeit von Auanema sp., ihre Jungen lebend zu gebären, dürfte eine Folge der extremen Bedingen sein.

Wie Pei-Yin Shih und ihre Kollegen im Fachjournal "Current Biology" berichten, ist dieser sonderbare Fadenwurm jedoch nicht auf die außerordentlichen Umstände im Mono Lake angewiesen. Die Forscher stellten fest, dass sich die Nematode im Labor auch unter wesentlich freundlicheren Bedingungen vermehrt – etwas, das nur auf sehr wenige extremophile Lebewesen zutrifft.

Die im Uferbereich des Mono Lake entdeckten Fadenwürmer werden gleich vor Ort genauer untersucht.
Foto: Caltech

Überleben in extremer Umgebung

Dass Auanema sp. mit hohen Arsen-Dosen gut zurechtkommt, ist nicht notwendigerweise darauf zurückzuführen, dass sie sich an diesem speziellen Ort entwickelt hat. Auch nahe verwandte Arten, die nicht im Mono Lake leben, besitzen eine hohe Toleranz gegenüber Arsen, wie die Forscher festgestellt haben. "Diese extremen Organismen können uns sehr viel über die Strategien von Lebensformen im Umgang mit außerordentlichen Herausforderungen lehren", meint Shih.

Als Nächstes will das Wissenschafterteam das Erbmaterial der neu entdeckten Fadenwürmer unter die Lupe nehmen. Insbesondere jene Gene stehen dabei im Zentrum des Interesses, die für die Arsenresistenz der Tiere verantwortlich ist. "Unsere Arbeit zeigt, dass wir noch viel darüber lernen müssen, wie diese 1.000-zelligen Tiere das Überleben in extremen Umgebungen meistern", sagt Shih. (tberg, 30.9.2019)