Wien – Die Situation ist für viele gleichermaßen bekannt wie unbeliebt: Die Couch und der Fernseher stellen die Rahmenbedingungen für das persönliche Hauptabendprogramm, Hunger setzt ein, und es findet sich nichts zu essen im Kühlschrank. Sei es, weil man keine Zeit hatte einzukaufen, das Wetter schlecht ist oder der Kater (nein, nicht das Tier) körperlicher Betätigung jeglicher Form im Weg steht. Sonn- und Feiertage sind prädestiniert dafür. Der Ausweg: Essen bestellen.

In Wien und auch den acht anderen heimischen Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern stellt das üblicherweise kein Problem dar – anders im Gros der Kleinstädte. Gemeinsam wollen die Online-Bestellplattform Mjam und Fastfood-Platzhirsch McDonald's Essensbestellungen nun auch in Städten mit 20.000 Einwohnern oder weniger vermehrt ins digitale Zeitalter heben.

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Jene Städte, die eine Universität oder eine Fachhochschule beheimaten, gelten als besonders attraktiv für das Burgerlieferduo. Außerdem hält man Ausschau nach einer lebendigen Gastronomieszene für weiterführende Kooperationen auf der Plattform. In welchen Orten man dann schlussendlich wirklich startet, läuft den Unternehmen zufolge nach dem "Try and Error"-Prinzip.

Umsatzgarant McDonald's

"In Weiz, Gleisdorf oder Lienz ein Lieferangebot zu starten hielt ich bis vor einem Jahr für sinnlos, seit heuer sind wir in allen drei Orten vertreten. McDonald's bringt automatisch einen gewissen Bestellungsanteil, dann zahlt es sich aus", sagt Mjam-Geschäftsführer Artur Schreiber im Gespräch mit dem STANDARD. McDonald's allein reicht allerdings nicht. Um den logistischen Aufwand zu rechtfertigen, braucht Mjam weitere Lokale im Angebot. Es läuft ähnlich wie bei Foodora (Foodora wurde im Frühjahr in die Marke Mjam eingegliedert, Anm.), Kunden bestellen bei Restaurants, die keinen eigenen Lieferservice anbieten, über die Plattform, Mjam wickelt als Dienstleister die Auslieferung ab.

St. Pölten ist mit 55.000 Einwohnern die kleinste Stadt, in der Mjam mit eigener Flotte unterwegs ist. In Gleisdorf & Co übernehmen das lokale Partner.
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Die kleinste Stadt mit einer eigenen Mjam-Fahrerflotte, die man an den neongrünen Uniformen erkennt, ist St. Pölten. In den kleineren ist die Onlineplattform auf lokale Partner angewiesen. "Eigene Fahrer zahlen sich in kleinen Städten schlichtweg nicht aus", erklärt Schreiber. Oftmals würden die Auslieferung lokale Speditionsbetriebe übernehmen.

Ein McDonald's auf 44.900 Einwohner

An 69 von 200 Standorten in Österreich werden Big Mac und Co bereits ausgeliefert. "Nächstes Jahr sollen zehn bis zu 15 weitere Standorte dazukommen, mittelfristig sollen es rund 100 werden", sagt der Finanzchef von McDonald's Österreich, Nikolaus Piza. Es gebe Filialen wie jene an der Autobahn, da könne Delivery nie ein Thema sein, aber 100 wäre im internationalen Vergleich ein guter Wert.

Mjam kooperiert nicht grundlos mit dem heimischen Branchenmarktführer. Das Unternehmen erzielt einen Umsatz von rund 674 Millionen Euro und verfügt über eine gute Marktdurchdringung. Auf rund 44.900 Österreicher kommt ein McDonald's. Die ursprünglich aus den USA stammende Burgerbude ist laut Firmenangaben Mjams größer Kunde, Kennzahlen über Bestellungen und Umsätze nennen beide Unternehmen aus firmenpolitischen Gründen allerdings keine.

Kannibalisierung um 25 Prozent

McDonald's sieht im Liefergeschäft viel Potenzial. Mit schnell zubereiteten Burgern, Pommes, aber auch Salaten erzielt McDonald's hierzulande einen Umsatz von rund 674 Millionen Euro pro Jahr. Finanzchef Piza zufolge liegt der Anteil des Liefergeschäfts noch im niedrigen einstelligen Bereich, das Segment wachse aber kräftig. Piza sieht beim zusätzlichen Umsatz durch das Liefergeschäft eine Kannibalisierungsrate von rund 25 Prozent. "Es geht hier um Transaktionen, die sonst nicht stattgefunden hätten, da Kunden nicht in die Filiale oder an den Drive-in-Schalter gefahren wären." Von 100 Euro werden also 75 als zusätzlich interpretiert. (Andreas Danzer, 11.11.2019)