Der grüne Spitzenkandidat Werner Kogler tanzt mit Ulrike Lunacek. Letztere hatte als Spitzenkandidatin 2017 den Einzug verpasst. Ersterer könnte regieren.

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Beim Klimaschutz: So definieren viele Grüne ihre rote Linie bei etwaigen Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP. In Wien, wo die Grünen an der 20-Prozent-Marke kratzen, ist man prinzipiell für Verhandlungen. Für Planungssprecher Peter Kraus ist das Wahlergebnis ein Auftrag, dass in der Klimapolitik "ordentlich was weitergehen muss". Sollte Sebastian Kurz auf die Grünen zugehen, müsse man in Gesprächen als Erstes den Klimaschutz besprechen: "Es ist das Thema, das ein klares Ablaufdatum hat. Die neue Regierung muss handeln, sonst ist es zu spät."

Wiens Umweltsprecher Rüdiger Maresch sieht konkrete Probleme: Mindestsicherung, dritte Piste am Flughafen und den Lobautunnel: "Wenn wir Klimaschutz so weit nach vorn stellen, brauchen wir keine Lobauautobahn." Es brauche eine Änderung der Regierungspolitik. Gespräche soll es geben, doch ist Maresch "skeptisch, ob Kurz so flexibel" ist.

Nach den Wahlsiegen der ÖVP und der Grünen wird eifrig über eine mögliche türkis-grüne Koalition diskutiert.
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Nicht so geil aufs Regieren

Silvia Nossek, grüne Bezirkschefin in Währing, hält Türkis-Grün für möglich. Die Verhandlungen müssten ernsthaft geführt werden. "Als ein Feigenblatt für Klimaschutz geben wir uns aber nicht her", sagt Nossek. Auch beim Thema Migration vermisse sie bei der ÖVP Ernsthaftigkeit: "Kurz muss von seiner rechtspopulistischen Politik abkehren." Andere Funktionäre in Wien sehen einen Pakt mit der ÖVP skeptisch. Der Druck auf die Grünen, Verantwortung zu übernehmen, sei evident. "So geil aufs Regieren sind wir aber nicht, dass wir Prinzipien über Bord werfen", heißt es etwa.

Leicht würden etwaige Koalitionsverhandlungen nicht, hielt Oberösterreichs Landesrat Rudi Anschober am Wahlsonntag fest. Viel Christlich-Soziales sei bei der ÖVP in den letzten Jahren nicht zu erkennen gewesen. Wenn, würde er selbst jedenfalls gerne mitverhandeln.

In Vorarlberg gibt es Schwarz-Grün seit 2014. Johannes Rauch sieht die Koalitionsoption im Bund nüchtern: "Wir werden uns nicht verbiegen", sagt der grüne Landesrat. Kurz könne keine Mitte-rechts-Politik mit den Grünen machen – schon gar nicht in der Sozialpolitik und natürlich nicht beim Klimaschutz. Er kritisiert an Kurz, dass dieser sich nie um eine Gesprächsbasis mit den anderen Parteien bemüht habe. Es brauche aber ein "Vertrauensverhältnis auf persönlicher Ebene".

Vertrauen gewonnen

Die stellvertretende Tiroler Landeshauptfrau Ingrid Felipe koaliert seit sechs Jahren mit der Volkspartei. Trotzdem ist sie skeptisch, ob die Grünen auch auf Bundesebene mit der ÖVP könnten: "Mit uns könnte er nur einen progressiven Kurs Mitte-links gehen." Im Gegensatz zu den "christlich- und ökosozialen" Tiroler Schwarzen sei die Bundes-ÖVP unter Kurz auf einem "türkisen Kurs" unterwegs, den die Grünen nicht mitgehen könnten: "Wir haben gerade erst das Vertrauen der Wähler zurückgewonnen. Das dürfen wir nicht aufs Spiel setzen."

Der grüne Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi forderte in der "ZiB 2" am Montag einen Richtungswechsel von ÖVP-Chef Sebastian Kurz.
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Die Jugend steht einer Regierungsbeteiligung besonders skeptisch gegenüber. Dass eine Koalition zustande kommt, hält Jaafar Bambouk, Bundessprecher der Grünalternativen Jugend, für eine "wilde Fantasie". Zwischen den Parteien würden Welten liegen. "Die Grünen werden nicht so naiv sein und sich zerstören." (ars, krud, ook, pm, van, 30.9.2019)