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Während Donald Trump aus seiner "Keep America Great"-Tour ist, versuchen die Demokraten Licht ins Dunkel der Ukraine-Affäre zu bringen.

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Rudy Giuliani wird vorgeladen.

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Es ist ein Rätsel, das so bald nicht gelöst werden dürfte, es sei denn, Donald Trump bekommt seinen Willen. Um wen es sich handelt bei dem Whistleblower, der aufdeckte, wie der US-Präsident die Ukraine zur Hilfe für seinen Wahlkampf zu drängen versuchte, soll nach dem Willen der Opposition unter keinen Umständen publik werden. Die New York Times beschreibt ihn als CIA-Analysten, männlich, der zeitweise dem Weißen Haus zugeteilt war. Anderen Berichten zufolge könnte es eine Frau gewesen sein, die Alarm schlug, indem sie sich an die interne Kontrollinstanz der Geheimdienste wandte. Fest steht nur: Andrew Bakaj, Rechtsbeistand der anonymen Person hat Polizeischutz angefordert, weil er sich um deren Sicherheit sorgt.

Jüngste Kommentare des Präsidenten hätten solche Sorgen nur noch verstärkt, schrieb Bakaj in einem Brief an Joseph Maguire, den kommissarisch amtierenden Director of National Intelligence, der die Arbeit der Geheimdienste koordiniert. Anhänger des Präsidenten, so Bakaj, hätten in manchen Fällen 50.000 Dollar für Hinweise geboten. Trump selber twitterte, er verdiene es, seinen Ankläger persönlich zu treffen, zumal dieser Ankläger, "der sogenannte Whistleblower", eine "perfekte" Unterredung auf so verlogene Art wiedergebe. Wenige Tage zuvor hatte Trump vor Mitarbeitern der amerikanischen UN-Vertretung gesagt, er wolle wissen, wer den Whistleblower informiert habe.

Vorwurf des Landesverrats

Diese Person habe praktisch wie ein Spion gehandelt, und mit Spionen und Landesverrat sei man "in den alten Tagen, als wir noch klug waren", bekanntlich anders umgegangen als heute. Gemeint war die Todesstrafe. Trumps Gegenspieler im Kongress sehen es als verkappten Aufruf zur Gewaltanwendung. Umso eindeutiger beharren sie darauf, die Identität dieser Schlüsselfigur unter Verschluss zu halten.

Im Abgeordnetenhaus sind alle Augen auf Adam Schiff gerichtet, einen ehemaligen Staatsanwalt aus Los Angeles, der seit Januar den Geheimdienstausschuss der Kammer leitet. Er soll, so haben es die Demokraten beschlossen, Regie führen bei den Nachforschungen, die zu einer Abstimmung über eine Amtsenthebung führen sollen. Wann letzteres der Fall sein wird, ist unklar. Schiff spricht von einem Votum des Repräsentantenhauses noch vor dem Thanksgiving-Fest im November. Er hat Tempo versprochen, zugleich aber vor einer Verzögerungstaktik der Regierung gewarnt. Bevor beispielsweise der Whistleblower aussagen kann, muss dessen Anwaltsteam die Genehmigung zum Einblick in Top-secret-Berichte erhalten. Dazu bedarf es des grünen Lichts des Geheimdienstkoordinators, der sich damit wiederum – auf Weisung von oben – Zeit lassen könnte. Trump schäumte am Montag gegen Schiff und bezeichnete ihn als Lügner. "Festnahme wegen Landesverrats?", twitterte er.

Insgesamt wird in sechs Ausschüssen der Legislative ermittelt. Drei von ihnen wollen bereits diese Woche die ersten Zeugen anhören. Fünf Spitzenbeamte des State Department haben Vorladungen erhalten. Sie sollen erhellen, was jenem Telefonat vorausging, bei dem Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen Wahlkampfrivalen Joe Biden und dessen Sohn Hunter drängte.

Giuliani vorgeladen

Zu klären ist, welche Absprachen Rudy Giuliani traf, der Anwalt Trumps, der lange vor dem am 25. Juli geführten Gespräch in Kiew Druck machte. Auch, ob Giuliani in der Rolle des Schattenaußenministers eine Art private Ukraine-Politik betrieb, gewissermaßen in Konkurrenz zur offiziellen, ist von Interesse. Die Vorsitzenden mehrerer Ausschüsses stellten am Montag eine sogenannte Subpoena aus, also eine rechtlich verbindliche Aufforderung, mehrere Dokumente mit Bezug zur Ukraine-Affäre zu übermitteln.

Zu klären ist schließlich auch, ob Trump ein genehmigtes Militärhilfepaket im Wert von 391 Millionen Dollar bewusst zurückhielt, um Selenskyj besser erpressen zu können.

Unter den vorgeladenen Zeugen ist Kurt Volker, der US-Sondergesandte für die Ukraine, der sein Amt am Freitag niedergelegt hat. Aussagen soll auch Marie Yovanovitch, die ihren Botschafterposten in Kiew räumen musste, weil Leute wie Giuliani an ihrer Loyalität zweifelten. Außenminister Mike Pompeo wiederum hat mit Frist bis zum 4. Oktober Dokumente zu liefern, die Wissenslücken schließen könnten.

Dann wäre da noch der Vorwurf der Vertuschung. Dem Whistleblower zufolge hat etwa ein Dutzend Mitarbeiter im Weißen Haus den Anruf im Juli verfolgt, entweder direkt oder in der Leitung mithörend. Die Opposition wird vom Oval Office die Namen der Beteiligten fordern – notfalls vor Gericht, falls die Machtzentrale das Ansinnen blockiert. Zudem will sie herausfinden, ob es ein Wortlautprotokoll des Telefonats Trumps mit Selenskyj gibt – neben der freigegebenen Version, einer Zusammenfassung, die das Weiße Haus geschönt haben könnte. (Frank Herrmann, 30.9.2019)