An Tastaturen, die sich speziell an Spieler richten, herrscht am Markt kein Mangel. Und dementsprechend schwer ist es für die Hersteller, noch Unterscheidungsmerkmale zu finden, die man gegenüber der Konkurrenz ins Feld führen kann – denn mechanische Schalter, einstellbare Beleuchtung und flotte Reaktionszeiten versprechen im Grunde alle Modelle ab 60 Euro.

Roccat versucht es mit seiner Vulcan 121 Aimo mit zweierlei Argumenten. Erstens: Das Design, das dezidiert auf einen "flachen" Look der Tasten abzielt, soll sich aus der Masse abheben. Zweitens: Statt auf Switches von Cherry oder Khail zu setzen, liefert man seit vergangenem Jahr Eigenware. DER STANDARD hat sich mit dem Keyboard ausgetobt.

ROCCAT

Mechanische Tastatur mit "flachem" Look

In Sachen Ästhetik muss man dem Hersteller durchaus zugestehen, aus der Masse hervorzustechen. In der Tat wirkt es wie die Gaming-Variante der "Strait"-Reihe von Cherry. Roccat verspricht, dass die direkt unter den flachen Kappen angebrachten, transparenten Switches der Beleuchtung mehr Geltung verleihen.

Auch das stimmt. Und es führte im Test dazu, dass nach dem Anschluss des Geräts über das 1,80 Meter und textilummantelte Kabel die Intensität der Beleuchtung von den voreingestellten hundert Prozent auf die Hälfte reduziert wurde, weil die Helligkeit der LEDs sonst besonders am Abend störend ist. Ansonsten gibt es hier wenig Grund zur Beschwerde. Mittels der relativ intuitiven Konfigurationssoftware Swarm lassen sich recht bequem vorgefertigte Beleuchtungsprofile nutzen oder eigene anlegen, wobei man Farbe und Helligkeit für jede einzelne Taste einstellen kann.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Einfache Konfiguration

Unter den vorgefertigten Profilen gibt es auch allerlei fancy Features. Etwa eine Heatmap, die über Farbcodierung anzeigt, welche Tasten häufiger oder seltener betätigt werden. Ein nettes Gimmick von eher überschaubarer Nützlichkeit im Alltag. Über die Software können auch Macros programmiert werden, mit denen man in Spielen mit einem Druck eine ganze Tastenabfolge auslösen kann – sofern das nicht von einem Anticheatmechanismus verhindert wird.

Bei den Zusatztasten gibt man sich übrigens sparsam: Es gibt zwei Buttons, um die Soundausgabe zu muten oder wieder anzuschalten, sowie einen Drehregler. Dieser verstellt entweder die Audiolautstärke oder die Beleuchtungsintensität der Tasten. Umgeschalten wird die Funktion mit einer "fx"-Taste.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Ein Speicher, der nicht speichert

Ein Problem aus dem Test ist hier anzumerken: Die Tastatur selbst hat laut Spezifikationen einen 512 KB großen Speicher für Einstellungen. Alle gesetzten Einstellungen liefen aber trotzdem über die Treibersoftware. Die konfigurierte Beleuchtung und Makros funktionierten also immer erst, nachdem diese sich nach dem Bootvorgang gestartet hat. Kompatibel ist die Tastatur – zumindest was ihre Software betrifft – nur mit Windows 7, 8 und 10.

Angenehm unbeweglich

Bei der Verarbeitung kann die Tastatur glänzen. Als Basis dient eine anodisierte Metallplatte, was auch dazu führt, dass sie mit etwa 1.100 Gramm recht schwer ist. Roccat hat außerdem die essenzielle Wichtigkeit der Anti-Rutsch-Pads auf der Unterseite begriffen. Wo einige andere Hersteller nur kleine Gummiauflagen in den Ecken anbieten, kommen hier sowohl Tastatur als auch die optional anbringbare Handauflage mit schön breiten Streifen. Selbst auf einem recht glatten Tisch lässt sich die Roccat 121 Aimo also unabsichtlich kaum vom Fleck bewegen.

Gelungen ist auch die Befestigung für die Handauflage. Statt auf Plastikclips oder einen ähnlich zerstöranfälligen Mechanismus zu setzen, dockt man die Stütze magnetisch an. Die Anziehungskraft hält sich zwar in Grenzen, aber aufgrund der bereits erwähnten Gummierung ist die Gefahr, sie versehentlich zu lösen, gering.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Die Kappen der Tasten geben gut Raum für die Fingerkuppen und fallen abseits des Designs weder positiv noch negativ aus dem Rahmen. Da es keine traditionellen Caps gibt, die den Schalter seitlich weiter bedecken, ergibt sich jedoch mehr Platz für die Ansammlung von Staub, Bröseln und anderen Verschmutzungen. Eine Warnung, die sich explizit an jene Gamer richtet (der Autor bekennt sich schuldig!), die gelegentlich ihr Essen vor dem PC verzehren.

Angenehmes Feedback

Getestet wurde das Modell mit den braunen "Tactile"-Switches, die sich an den Pendants von Cherry und Khail orientieren. Sie sollen den Mittelweg aus taktilem Feedback, Geschwindigkeit und Geräuschpegel gehen. Die Distanz, die man bewältigen muss, um einen Tastendruck zu erzeugen, wird mit 1,8 Millimeter angegeben. Eine Abfragerate von 1.000 Hz soll Verzögerungen bei der Übertragung minimieren.

Foto: Screenshot

Tatsächlich reagierte das Keyboard im Test flott und zeigte einen angenehmen Druckpunkt. Dazu fällt dieser bei fast allen Tasten sehr gleichmäßig aus. Lediglich längere Tasten – Leertaste oder Umschalt zum Beispiel – "wobbeln" geringfügig. Die Geräuschentwicklung bei der Betätigung von Tasten liegt, wie man erwarten darf, zwischen Tastaturen mit den lauten blauen und jenen mit den vergleichsweise leisen roten Switches.

Es besteht also bei der Verwendung eines Headsets mit empfindlicherem Mikrofon die Chance, dass auch Mitspieler im Sprachchat bei Onlinegames sie hören. Wer möchte, kann sich hier freilich mit Silikon-O-Ringen behelfen, die das knackige und auch zum Schreiben angenehme Tastenfeedback aber natürlich beeinträchtigen.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Fazit

Mit der Vulcan Aimo 121 ist Roccat eine gute Tastatur gelungen, die zeigt, dass es auch ohne die legendären Cherry-Switches geht. Abzuwarten bleibt natürlich die Haltbarkeit, allerdings kommt es bei mechanischen Tastaturen eher selten vor, dass sie an der Altersschwäche der Switches zugrunde gehen. Bei den Basics leistet man sich keinen Patzer, sieht man von der größeren Verschmutzungsanfälligkeit ab.

Die große Stärke der Tastatur ist allerdings ihre gute Verarbeitung in Kombination mit dem hohen Gewicht und den großzügigen Gummileisten auf der Unterseite. Das führt dazu, dass man sich kaum damit herumschlagen muss, dass das Keyboard beim Bewegen der Hand "mitwandert", was man besonders als Vorbesitzer einer leichteren Tastatur zu schätzen lernt. Positiv fällt auch die relativ gut gestaltete Konfigurationssoftware auf, mit der sich einfach Beleuchtungsprofile und Makros erstellen lassen.

Mit knapp 160 Euro ist dieses Gamingkeyboard freilich kein Schnäppchen mehr. Wer einen stabilen, beleuchteten und potenziell sehr langlebigen Begleiter für Spieleabenteuer sucht und ohne eine Barrage an Extratasten auskommt, wird hier dafür fündig. (Georg Pichler, 2.10.2019)