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Am Dienstag wurde ein 18 Jahre alter Demonstrant von einem Polizisten angeschossen und schwer verletzt.

Foto: REUTERS/ATHIT PERAWONGMETHA

Die Wut der regierungskritischen Demonstrantinnen und Demonstranten in Hongkong auf die Sicherheitskräfte ist groß. Nachdem ein junger Mann am Nationalfeiertag Chinas von Polizeischüssen schwer verletzt wurde, kehrten die Demonstranten am Donnerstagmorgen auf die Straßen der chinesischen Sonderverwaltungszone zurück, um ihren Unmut kundzutun. Sie warfen Benzinbomben, errichteten Straßenblockaden und verwüsteten Geschäfte und U-Bahn-Stationen.

Nun wurde via Nachrichtenagentur Reuters publik, dass die Polizei im Vorfeld der Kundgebungen, die Anfang der Woche stattfanden, ihre Richtlinien bezüglich der Anwendung von Gewalt gelockert hat. Sie hat die Befugnisse ihrer Beamten im Umgang mit Demonstranten ausgeweitet, schreibt Reuters unter Berufung auf offizielle Dokumente. Im Polizeihandbuch wurden offenbar jene Bestimmungen geändert, die festlegen, ob und wann ein Polizist Gewalt anwenden darf. Zudem wurde eine Klausel entfernt, wonach Beamte für ihre Handlungen zur Verantwortung gezogen werden können. Der genaue Wortlaut der geänderten Richtlinien war zunächst nicht bekannt. Eine Stellungnahme der Polizei stand ebenso noch aus.

Indessen wurde bekannt, dass der angeschossene 18-Jährige nun von der Polizei angezeigt wird. Ihm wird vorgeworfen, einen Polizisten mit einer Metallstange geschlagen zu haben. Nachdem er am Dienstag von einem Polizisten angeschossen wurden, ist sein Zustand mittlerweile stabil. Es war das erste Mal, dass ein Demonstrant bei den Protesten durch scharfe Munition verletzt wurde.

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Auf einem in sozialen Netzwerken geteilten Video war eine turbulente Kampfszene zwischen einer Gruppe von Demonstranten und Polizisten zu sehen.
Foto: REUTERS/ATHIT PERAWONGMETHA

Ausgangssperre und Vermummungsverbot

Am Donnerstagmorgen hatten Sicherheitskräfte bei den Protesten erneut Tränengas eingesetzt. Die Taten der Demonstrantinnen und Demonstranten hätten "die öffentliche Ordnung ernsthaft untergraben" und bedrohten "die persönliche Sicherheit von Polizeibeamten und Mitgliedern der Öffentlichkeit", sagte ein Polizeisprecher. An den Kundgebungen hatten tausende Menschen teilgenommen.

Kurz darauf forderte die Polizeigewerkschaft angesichts der Ausschreitungen die Verhängung einer Ausgangssperre. "Wir erleben eine Serie derart massiver Tumulte, dass wir nicht ohne angemessene Maßnahmen und Unterstützung von höchsten Stellen arbeiten können", sagte der Vorsitzende von Hongkongs Polizeigewerkschaft am Donnerstag.

Medienberichten zufolge wolle Regierungschefin Carrie Lam indes ein Verbot von Gesichtsmasken bei öffentliche Versammlungen durchsetzen. Nach Einschätzung eines Oppositionsabgeordneten wird Lam ein entsprechendes Gesetz möglicherweise dem Legislativrat zur Annahme vorlegen.

Politische Sonderfreiheiten

Am Donnerstag wurde zudem bekannt, dass eine indonesische Journalistin, die von einem Gummigeschoß der Polizei im Gesicht getroffen worden war, an einem Auge erblindet ist. Unter den Verletzten befanden sich in den vergangenen Tagen auch immer mehr Journalistinnen und Journalisten.

Viele Hongkonger befürchten, dass sie politische Sonderfreiheiten verlieren könnten. Inzwischen richten sich die Proteste auch gezielt gegen die Regierung in Peking. Die ehemalige britische Kronkolonie ist seit 1997 eine Sonderverwaltungszone der Volksrepublik. (red, APA, 3.10.2019)