Die Polizei sperrte die Umgebung des Tatorts aus Sicherheitsgründen ab.

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Es war gegen 13 Uhr, als ein Angestellter der weiträumigen Polizeipräfektur in Paris seine Messerattacke lancierte. Er tötete eine Bürokollegin und griff im Korridor weitere Mitarbeiter an. Nachdem er bereits ein Blutbad angerichtet hatte, wurde er von einem Polizisten mit der Dienstpistole niedergestreckt. Der Schuss löste Panik aus. Viele Polizisten und Polizeibeamte verließen das Gebäude fluchtartig oder in Tränen. Die Polizei riegelte das Viertel großflächig bis über die ausgebrannte Notre-Dame-Kathedrale hinaus ab.

Bilanz der Attacke: fünf Tote, darunter der Angreifer, und mehrere Verletzte, einige von ihnen schwer. Das Motiv des Täters blieb vorerst unklar. Der 45-jährige Informatiker mit über 20 Dienstjahren, der seit 2003 in der Präfektur angestellt war, schien offenbar nicht in den Karteien radikalisierter Personen auf.

Inoffiziell war von einem "internen Konflikt" mit einem Vorgesetzten oder einem Liebesdrama die Rede. Die Tatwaffe war dem Vernehmen nach ein Keramikmesser, das bei den Eingangskontrollen keine Reaktion auslöst.

Das Polizeipräsidium, in dem sich der Angriff ereignete, liegt im Zentrum von Paris.

Am Wohnsitz des Täters in der Pariser Banlieue wurde eine Hausdurchsuchung vorgenommen. Innenminister Christophe Castaner erklärte, der Täter habe "nie ein auffälliges Verhalten oder das geringste Alarmsymptom" an den Tag gelegt. Die Antiterrorjustiz wurde fürs Erste nicht eingeschaltet. Laut einem Medienbericht soll der Täter erst kürzlich zum Islam konvertiert sein.

Polizisten streiken

Auch wenn es sich nicht um einen Terroranschlag gehandelt haben sollte, war die Betroffenheit im ganzen Land groß. Die Polizeipräfektur auf der Seine-Insel im Mittelpunkt der französischen Hauptstadt gilt als Hirn der Pariser Polizei. Dass die Attacke nicht von außen, sondern aus dem Polizeipersonal selber kam, wirft – gewollt oder nicht – ein Schlaglicht auf die spürbare Malaise in der französischen Polizei.

Erst am Vortag waren in Paris 20.000 Polizisten und Gendarmen auf die Straße gegangen, um gegen Arbeitsüberlastung, für bessere Ausrüstungen und eine Rentengarantie zu demonstrieren.

Die französischen Flics, die an sich gar kein Streikrecht haben, stören sich auch daran, dass sie von den regelmäßig protestierenden Gelbwesten als Schlägertruppen kritisiert werden. Während der Demo stellten sich 52 Polizisten auf dem Pariser Kopfsteinpflaster tot, um auf die ebenso zahlreichen Selbstmorde französischer Polizisten seit Jahresbeginn zu verweisen. Am Donnerstag hat die polizeiliche Opferstatistik in eigener Sache vier weitere Namen erhalten.

Pariser Bürgermeisterin betroffen

Die Bürgermeisterin der französischen Hauptstadt, Anne Hidalgo, zeigte sich auf Twitter betroffen: "Nach diesem schrecklichen Angriff auf die Präfektur trauert Paris heute um die Seinen. Die Opferzahl ist hoch, mehrere Polizisten kamen ums Leben. Meine Gedanken gelten den Familien der Opfer."

Die Polizeipräfektur ist die Dienststelle der nationalen Polizei in Paris und für Polizeiaufgaben im Stadtgebiet von Paris und den drei umliegenden Départements zuständig: Hauts-de-Seine, Seine-Saint-Denis und Val-de-Marne. Sie befindet sich im 4. Pariser Arrondissement auf der Île de la Cité, unweit von der Notre-Dame-Kathedrale. (Stefan Brändle aus Paris, red, 3.10.2019)