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Immer weniger Menschen leben in einer bezahlbaren Wohnung. Sozialer Wohnbau ist ein Mittel dagegen.

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Ein Fleckerlteppich politischer und kostspieliger Lösungen – mit dieser Strategie werde die Wohnungsnot in der EU angegangen, kritisieren die Autoren des kürzlich veröffentlichten Berichts "The State of Housing in the EU", beauftragt von Housing Europe, dem Dachverband der gemeinnützigen, öffentlichen und sozialen Wohnungswirtschaft. Ursula von der Leyens Kommission nehme ihre Arbeit in einer Zeit auf, in der Europa mit einer stark vernachlässigten Wohnungskrise konfrontiert sei, heißt es im Bericht weiter.

Dazu gibt es Zahlen: Im Jahr 2017 mussten 10,2 Prozent aller und 37,8 Prozent der von Armut betroffenen Haushalte in der EU über 40 Prozent ihres verfügbaren Einkommens fürs Wohnen ausgeben. 156 Millionen Menschen sind nach Berücksichtigung der Wohnkosten von Armut bedroht, heißt es im Bericht.

Diese Gruppe habe Schwierigkeiten, überhaupt eine Wohnung zu bekommen oder sie zu halten. Immer größer werde jedoch auch die Bevölkerungsgruppe, die von einem Mangel an bezahlbarem Wohnraum betroffen ist. Demonstrationen in ganz Europa sind die Folge. Und erstmals, so heißt es im Bericht, sei mit "Housing for all" auch eine europäische Bürgerinitiative zum Thema gestartet worden, die mehr leistbaren Wohnraum in der EU fordert.

Städte als Hotspots

Ihre Vertreter haben sich auch schon bestätigend zum aktuellen Bericht zu Wort gemeldet: "Wohnen ist ein riesengroßes Geschäft, das für globale Investoren wie Hedgefonds oder Versicherungen unfassbare Renditen abwirft", so Karin Zauner-Lohmeyer von Housing for all.

Vor allem Städte seien Orte, an denen sich der Mangel an leistbarem Wohnraum konzentriere. Wie sie dagegen vorgehen, sei sehr unterschiedlich, so die Autoren. Oft müsse sich an staatliche Vorgaben gehalten werden, andernorts – hier wird Wien als Beispiel genannt – können sie unabhängiger entscheiden.

Dennoch gebe es immer noch viele Gründe, die Städte von einer lokalen Wohnungspolitik abhalten, etwa der Mangel an verfügbarem Boden, räumliche Segregation, die bevorzugte Nutzung von Baugründen für lukrativere Projekte oder schlichtweg mangelnder politischer Wille, kritisieren die Autoren. Welchen Weg Städte auch wählen, über die letzten Jahre habe sich gezeigt, dass Wohnbaupolitik allein die Probleme nicht lösen kann. Eine Verbesserung von öffentlichen Verkehrssystemen könne etwa den Druck am Wohnungsmarkt verringern.

Mehr als Wohnraum

Die Rolle von sozialen Wohnbauträgern gehe immer mehr über die Wohnraumversorgung hinaus, heißt es im Bericht. So helfen Anbieter in Ländern wie Frankreich, Spanien oder Italien, in denen, anders als in Österreich, vor allem die schwächsten Einkommensschichten im sozialen Wohnbau leben, Mietern dabei, ihre Wohnungen zu behalten, beispielsweise in Zusammenarbeit mit Arbeitsvermittlungsstellen.

In Bezug auf Österreich erwähnen die Autoren die in Wien neu eingeführte Flächenwidmungskategorie "geförderter Wohnbau" als positiv. Insgesamt gebe es viele Gründe, hierzulande optimistisch zu sein, auch wenn es auch hier Herausforderungen gebe.

Obwohl Wohnungsbau meist eine lokale Angelegenheit ist, sehen die Autoren die EU in der Pflicht. "Wird sie in Zukunft einen Investitionsfonds für sozialen Wohnungsbau einrichten?", fragen sie und antworten auch gleich selbst: Es sei nur mehr eine Frage der Zeit. (Bernadette Redl, 4.10.2019)